Das neue Buch: Holland, wo bist Du?
■ Das neue Wittheit-Jahrbuch bringt alles über „Bremen und die Niederlande“
Was wären die BremerInnen eigentlich ohne die Holländer? Eine berechtigte Frage, die Bürgermeister Henning Scherf da gestern mutig in die Runde warf. „Bremen und die Niederlande“– unter diesem Titel ist jetzt ein neues Jahrbuch der Bremer Wittheit erschienen, das die „Wissenschaftliche Gesellschaft“aus Bremen gestern im Rathaus präsentierte. Doch wer das opulente, frisch gedruckte Werk in der Hand hält, dem drängt sich eine weitere, bedeutsame Frage auf: Brauchen wir dieses Buch wirklich?
Denn ein Blick in den immerhin 270 Seiten starken Band offenbart: Dort haben sich vor allem fachverliebte Spezialisten an die Arbeit gemacht. Ein „wahrer Strauß von Aufsätzen“sei da zusammengekommen, frohlockte die Wittheit-Präsidentin Martina Rudloff gestern bei der Präsentation und lobte das durch und durch „ehrenamtliche Engagement ihrer Autoren“. Aus der Fülle und Vielzahl der unterschiedlichen Themen habe sich dann aber doch ein „merkwürdiger Zusammenhang“ergeben, bemerkte sie.
Beim Durchblättern stößt die geneigte LeserIn aber auf ein unüberschaubares Themen-Kaleidoskop, das vom gemeinsamen Wattenschutz über die „Vogelwelt Norddeutschlands“(schöne Fotos von Haussperlingen und Buchfinken) bis hin zu „Entwicklungstendenzen der Logistik in Bremen und den Niederlanden“reicht.
Der Band arbeitet sich zwar von der Historie („Forschungen zur Landschaftsentwicklung und Siedlungsgeschichte im deutsch-niederländischen Küstengebiet“) zur Gegenwart vor. Doch statt einer klaren Linie bleibt alles seltsam verschwommen: Irgendwie geht es um Europa („Kultur, Nation und Region“), um Marinemalerei, holländische Kaffeebohnen und Deichkondukteure. Auch die „Neue Hanse Interregio“kommt vor: Ein Zusammenschluß aus dem Jahr 1993 zwischen Bremen, Niedersachsen und vier niederländischen Provinzen vor knapp vier Jahren – zwecks wirtschaftlicher Zusammenarbeit.
Doch der Aufsatz von Andreas Fuchs liest sich eher wie eine trockene und nüchterne Abhandlung. Eine lebendige Schilderung und Bilanz vermißt schmerzlich, wer sich von der 1. bis zur 4. Jahreskonferenz des Verbundes durchgekämpft hat. Gerne hätten wir auch etwas über den berühmten Niederländer und Hafenbaumeister Jacobus Johannes van Ronzelen erfahren. Leider läßt uns der Autor aber Wort um Wort und Zeile um Zeile im Unklaren darüber, was er mit seiner „Skizze“eigentlich vermitteln will. Der Name „Ronzelen“taucht auch in der vierten, enggedruckten Spalte gar nicht erst auf.
Zu gerne hätten wir also gewußt, was eigentlich aus Bremen ohne Holland geworden wäre. Wer diese Frage immer noch klären und sich außerdem durch 270 Seiten quälen will, dem sei die Lektüre des Jahrbuches empfohlen. kat
„Bremen und die Niederlande“ist im Bremer Hausschild Verlag erschienen. Es kostet 98 Mark.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen