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Hoffnungsschimmer oder Fluch?Das Monstrum geht in Bau

Grundsteinlegung für das Ikea-City-Kaufhaus in Altona. Die Firma gibt sich dialogbereit gegenüber den Anwohnern.

Ikea in der Grube: Michael Sachs legt den Grundstein für das City-Möbelhaus. Bild: Hendrik Doose

HAMBURG taz | In der Großen Bergstraße in Altona ist am Mittwoch im Beisein von Stadtentwicklungs-Staatsrat Michael Sachs (SPD) der Grundstein für das dritte Ikea-Kaufhaus in Hamburg gelegt worden. Das sogenannte „City-Kaufhaus“ ist weltweit das erste „Monstrum“ inmitten eines Wohnquartiers und wird selbst von dem schwedischen Konzern als „Experiment“ angesehen. Vor den Fest-Reden hatten aber – mit Einverständnis des künftigen Filialleiters Christian Mollerus – Anwohner und Ikea-Gegner das Wort bekommen, die den „Grundstein mit einem Fluch“ belegten.

Ihrer Auffassung nach ist das Ikea-City-Kaufhaus ohne die verkehrstechnische Infrastruktur für den Autoverkehr zum Scheitern verurteilt. Die Altonaer würden als „Versuchskaninchen“ missbraucht. „Das funktioniert nicht“, warnten die Ikea-Gegner. „In ein paar Jahren wird hier eine Ruine stehen.“ Die Kritiker forderten, den Bau zu stoppen. „Jetzt ist noch Zeit, hier etwas Gutes zu bauen“, wandten sie ein.

Das sahen die Ikea Befürworter in ihren Festreden anders, obwohl Staatsrat Sachs zur Verteidigung des Projektes zu einer Geschichtslüge greifen musste. Er behauptete, dort, wo jetzt Ikea gebaut wird, seien im Zweiten Weltkrieg die Wohnhäuser zerstört worden, weshalb das Einkaufszentrum „Große Bergstraße“ entstanden sei.

Tatsächlich waren die Wohnhäuser und Geschäfte der Großen Bergstraße Ende der sechziger Jahre – zum Teil von der Polizei – geräumt und abgerissen worden, weil der damalige SPD-Senat mit Bürgermeister Herbert Weichmann und Bausenator Caesar Meister ein pulsierendes Einkaufszentrum bauen wollten.

„Das Einkaufszentrum hat nicht funktioniert“, räumt Sachs heute ein. Die Schließung eines Karstadt-Kaufhauses habe der Ladenpassage des Rest gegeben. Daher sei die Ansiedlung von Ikea ein Hoffnungsschimmer, sagte Sachs. Städtebauexperten hätten versichert, dass das Ikea-Konzept städtebauverträglich sei. „Ob es funktioniert, kann niemand sagen, eine hundertprozentige Garantie können wir nicht geben“, sagte Sachse, aber es bestehe zumindest die Chance, „vielleicht später einmal sagen zu können, wir haben alles wichtig gemacht.“

Für Altonas Vize-Bezirksamtsleiter Kersten Albers ist die Ikea-

Ansiedelung eine „außerordentliche Erfolgsstory“ und die Grundsteinlegung ein „großer Tag für Altona“. Er verweist darauf, dass bei einem – wenn auch umstrittenen – Bürgerentscheid 77 Prozent der Befragten für die Ikea-Ansiedelung votierten.

Ikea-Kaufhausleiter Mollerus setzt während der Bauphase auf die Kommunikation mit den Anwohnern. „Uns ist bewusst, dass die Baustelle für viele Anwohner mit vielen Unannehmlichkeiten verbunden sind“, sagte Mollerus. Er hoffe, dass die Kundschaft nach Eröffnung der Filiale rege vom öffentlichen Nahverkehr gebrauch mache.

Aus Sicht der Ikea-Gegner, die nach der Grundsteinlegung noch einmal das Wort ergriffen, haben sich Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose (parteilos) und Ex-Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduck (Grüne) mit dem Ikea-Bau ein Denkmal gesetzt – „als Hauptschuldige an dem städteplanerischen Verbrechen“.

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7 Kommentare

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  • IK
    Ich kann echt alles

    Ach, Kinder, ist doch auch schön, so könnt ihr ein Jahr nach Eröffnung, wenn nie jemand was gekauft hat, sagen dass ihr's ja schon immer wusstet. Und wenn's anders läuft, so wie beim Mercado, wo die selben Leute ja auch dagegen waren und meinten, da würde doch nie jemand hingehen, dann könnt ihr einfach schweigen.

  • DM
    Dr. med. Thomas Leske

    Als die Gegner der Ansiedlung von IKEA einen Tag vor der vom Wahlleiter (Bez. Amtsleiter Jürgen Warmke-Rose willkürlich vorzeitig angesetzten!) Abstimmung für die Pro – IKEA Werbekampagne 8.700 Unterschriften abgaben, taten sie dies vor allem, um den Verdacht zu entkräften, sie hätten ihre eigenen Stimmen nicht zusammen bekommen.

    Sie hätten aber bis zum Ablauf ihrer Frist noch 1 ½ Monate weiter die Menschen aufklären und Unterschriften sammeln können und hätten so ohne weiteres noch die 10.000er Marke übertreffen können.

    IKEA kann zudem sicher sein, dass die 18.480 NEIN- Stimmen bei der Abstimmung über die PRO-IKEA Werbekampagne überwiegend aus dem Bereich kommen, in dem die Nein – Unterschriften gesammelt wurden. Das sind zum ersten die Stadtteile Altona-Altstadt, Altona – Nord aber vor allemauch Ottensen. Das ist aber auch der Bereich, aus dem IKEA die zusätzliche innerstädtische Kundschaft ziehen will, die zu der überregionalen Kundschaft dazu kommen soll, damit das Experiment einer dritten Filiale mitten in der Stadt überhaupt gelingen kann. IKEA sollte sich die 18.480

    NEIN-Stimmen alsogenau ansehen. Das sieht gar nicht gut aus!

  • P
    Peter

    Grundsteinlegung für ein Chaos?

    Reicht der Umsatz in Stellingen nicht?

     

    Wer Altona und seine Infrastruktur kennt, weiß das ein gewaltiges Konfliktpotential im Straßenverkehr an der Stelle entstehen wird.

    Wer den Stadtteil nicht kennt, benötigt dringend ein Navi. Ansonsten kann man schon 30 Minuten in den kleinen Straßen herum kurven, ehe man die richtige Einbahnstrasse gefunden hat.

     

    Ikea verkauft großteils Gegenstände die nicht in den öffentlichen Nahpersonenfernverkehr, sondernd eher im PKW, Kleinbus transportiert werden.

    Demzufolge steigen die Bagatellschäden der parkenden Fahrzeuge die seitens Architekten auf Parkplätzen mit 2 Meter Breite parken sollen.

    Finanziert Ikea mit Falschparkern die Polizei?

     

    Hamburg gierig auf Unternehmen, was für ein hin und her war/ist in Stelling(Naturschutzgebiet) und in der Möbelmeile gewesen. Dialog Fehlanzeige, ein gewaltiges Politikum.

    Zwecks politischer Lösung versuchte der ein oder andere verzweifelt den Nordstaat auszurufen.

    Genau dort liegen doch die Probleme, Politik-Wirtschaft, Landesgrenzen siehe auch Flughafenerweiterung.

    Die Zukunft wird spannend.

  • DM
    Dr. med. Thomas Leske

    Als die Gegner der Ansiedlung von IKEA einen Tag vor der vom Wahlleiter (Bez. Amtsleiter Jürgen Warmke-Rose willkürlich vorzeitig angesetzten!) Abstimmung für die Pro – IKEA Werbekampagne 8.700 Unterschriften abgaben, taten sie dies vor allem, um den Verdacht zu entkräften, sie hätten ihre eigenen Stimmen nicht zusammen bekommen.

    Sie hätten aber bis zum Ablauf ihrer Frist noch 1 ½ Monate weiter die Menschen aufklären und Unterschriften sammeln können und hätten so ohne weiteres noch die 10.000er Marke übertreffen können.

    IKEA kann zudem sicher sein, dass die 18.480 NEIN- Stimmen bei der Abstimmung über die PRO-IKEA Werbekampagne überwiegend aus dem Bereich kommen, in dem die Nein – Unterschriften gesammelt wurden. Das sind zum ersten die Stadtteile Altona-Altstadt, Altona – Nord aber vor allemauch Ottensen. Das ist aber auch der Bereich, aus dem IKEA die zusätzliche innerstädtische Kundschaft ziehen will, die zu der überregionalen Kundschaft dazu kommen soll, damit das Experiment einer dritten Filiale mitten in der Stadt überhaupt gelingen kann. IKEA sollte sich die 18.480

    NEIN-Stimmen alsogenau ansehen. Das sieht gar nicht gut aus!

  • H
    Hugo

    Die politische Prominenz ließ sich vorsichtshalber nicht bei der Grundsteinlegung ablichten, weder Frau Senatorin Blankau, noch der Altonaer Bezirksamtsleiter Warmke Rose oder Oberdaudirektor Walter. Stadtentwicklungs Staatsrat Michael Fuchs legte den Grundstein und redete größtenteils kenntnislos über den "Niedergang der Großen Bergstraße, der schon in den 60er Jahren begann."

    Anfang der 70er Jahre wurden Frappant und Forum gebaut mit den gleichen Hoffnungen, mit denen jetzt der Ikeabunker beworben wird. Wirklichkeitsverweigerung ist der treffende Begriff für die zurecht gebogene Politik der lokalen Ikeasponsoren.

  • D
    Detlev

    IKEA hat in so einem Wohngebiet einfach nichts zu suchen. Klar, der eine oder andere Händler vor Ort wird ein paar mehr Kunden abbekommen, aber das täuscht ja nur über die Frage hinweg, ob nicht eine andere Stadtplanung hier wesentlich bessere Ergebnisse (für alle) erbracht hätte.

     

    Für mich ist IKEA Teil einer parteiübergreifenden Einstellungswandlung in der Stadt: Egal, wer, die Hauptsache ein großer Investor und dem wird gehorcht. Wie viele echte Arbeitsplätze, wie viele Steuervorteile er auch bringt, eins zeichnet diese Haltung aus: Der Fokus aufs Big Money, große Investoren und dicke Sprüche. Steht IKEA ein Mal, dann ist eh alles Schnee von Gestern und Protest macht keinen Sinn mehr. Dass IKEA magisch Autofahrer anzieht, hat man auf ganzer Linie ignoriert. Am Ende diskutieren sie dann Maßnahmen gegen den Stau in Altona.

     

    I

  • AD
    ADS Disco KIid

    Mal kucken ob der HVV den alten Ikeabus wieder raus kramt.

    Den man ja extra für Ikea umgebaut hat.

     

    Als Ikea mach Billwerder Moorfleet kam.

    Und Ikea ganz stolz erklärte das man jetzt das erste Ikea hat was mit der S-Bahn zuerreichen war.

     

    Hat nur kaum jemand gemacht warum bloß ? Selbst Damen mit blauen Taschen voller Teelichter sieht man da Abends stehen.

    Höchstens mal nen Studentenpärchen. Mit Regalen. Nur dumm wenn der Lautsprecher dann sagt das man die Couch nicht einladen darf. ( Selbst geshen gehört. )

    Aber macht nix wenn das Ding dann in 3-4 Jahren leersteht macen wir ne Schoppingcenter drauß.