Hoffmann „geläutert“ in Freiheit?

Ehemaliger Wehrsportgruppenchef ohne Auflagen entlassen / Er will „keine Uniform mehr sehen“ und habe sich von Vergangenem losgesagt / Hungerstreik im Knast als Verzweiflungstat gewertet  ■  Aus Nürnberg Bernd Siegler

Der einstige Wehrsportchef Karl-Heinz Hoffmann (51) befindet sich seit Mittwoch morgen ohne irgendwelche gerichtlichen Auflagen auf freien Fuß. Die zentrale Figur der bundesdeutschen militanten rechtsradikalen Szene der 70er Jahre muß nicht einmal einen festen Wohnsitz nachweisen. Klammheimlich hat ihn die Justizvollzugsanstalt Bayreuth zwei Tage vor dem angekündigten Termin entlassen, nachdem das Oberlandesgericht Bamberg dem Führer der 1973 gegründeten und 1980 verbotenen Wehrsportgruppe eine „günstige Sozialprognose“ bescheinigt und das restliche Drittel seiner neuneinhalbjährigen Freiheitsstrafe unter anderem wegen Geldfälschung, Körperverletzung, Nötigung auf vier Jahre Bewährung ausgesetzt hatte.

Vom zweifachen Mordvorwurf war Hoffmann „in dubio pro reo“ am 30. Juni 1986 vom Nürnberger Schwurgericht freigespochen worden. Zugute kam ihm dabei eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs in Karlruhe. Mit abenteuerlicher Begründung wies der BGH am 14.1.82 im Falle von Hoffmanns WSG-Ausland den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung (§129a) zurück. Damit mußte Hoffmann sich nicht automatisch alle Taten seiner Gefolgsleute zurechnen lassen. Die Gerichte mußten sich jedoch jeweils die Mühe machen, Hoffmanns konkrete Einzeltatbeteiligungen nachzuweisen. Das gelang beim Doppelmordvorwurf nicht.

Im Gefängnis soll sich Hoffmann - so das Oberlandesgericht Bamberg - geläutert haben. Von der Justizvollzugsanstalt Bayreuth wird ihm eine „beanstandungsfreie Führung“ sowie „zuverlässiger und fleißiger Arbeitseinsatz“ bescheinigt. In einer Anhörung habe der WSG-Chef zudem „glaubhaft zu erkennen gegeben“, daß er sich von seiner Vergangenheit losgesagt habe. Hoffmann soll geäußert haben, daß er „keine Uniformen mehr sehen“ könne, „in Ruhe zusammen mit seiner Frau leben“ wolle und sich seine Interessenlage genauso geändert habe wie „die seiner früheren Kameraden“. Derzeit lebt Hoffmann wieder auf seinem Schloß in Ermreuth bei Erlangen.

Noch am 14. April dieses Jahres hatte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth als erste Instanz das Vorliegen einer günstigen Sozialprognose verneint. Die Kammer äußerte Bedenken, daß sich Hoffmann „nach seiner Entlassung wieder in die Gemeinschaft einordnen“ würde. Insbesondere den Hungerstreik, mit dem Hoffmann im November 1988 Vollzugserleichterung erzwingen wollte, werteten die Bayreuther Richter als eine mit einer Nötigung vergleichbaren Handlung. Wegen Nötigung sei Hoffmann nun einmal verurteilt worden. Das Oberlandesgericht wertet den Hungerstreik des WSG-Chefs jetzt lediglich als Ausdruck der „Verzweiflung“ über nicht gewährte Erleichterungen.

Im November dieses Jahres steht die vorzeitige Entlassung des am 28. Juni 1982 zu dreizehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilten Manfred Roeder zur Entscheidung an.