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■ Der Leidensdruck der kleinen TV-Sender mit Anspruch ist großHoffen und träumen

Italiens Lokalsender erwecken bis heute eher Argwohn. So ganz haben wir eben noch nicht gelernt, mit diesem „Phänomen“ umzugehen. Mit einer Einrichtung, die zwar nie wirklich gereift, die aber auch nie definitiv verschwunden ist. Unsere eigene Station „Telemontegiove“ gehört zu den Sendern der ersten Stunde, als Privatfernsehen noch „wildwüchsig“ war, bar jeder gesetzlichen Grundlage. Ein paar beherzte Menschen dachten an ein gutes Programm – und annehmbare Einkommen. Ein Aufbruch voller Enthusiasmus für das „Neue“.

Immerhin, auch 18 Jahre nach der Gründung ist der Sender von Terracina, mit einer durchschnittlichen Einschaltquote von 250.000 Zuschauern, noch immer das meistgesehene elektronische Medium der Provinzen Latina und Frosinone südlich von Rom. Der Grund dafür: Wir bringen unsere Fernsehkameras unter die Menschen, berichten von ihrem Alltag. Das reicht allerdings weder bei uns noch bei den meisten der landesweit über 700 Privatsender zur wirtschaftlichen Stabilität. Zum einen, weil wir in einer ökonomisch krisengeschüttelten Region arbeiten und Anzeigen daher nur mühsam zu akquirieren sind – um vom monatelangen Eintreiben der Zahlungen ganz zu schweigen. Zum anderen hat der Staat trotz nun fast zwei Jahrzehnten Privatsender kaum Anstalten gemacht, dieses „Phänomen“ einigermaßen in geregelte Bahnen zu lenken und vor allem gewisse Bestandsgarantien zu geben.

Zudem schliddern wir in immer neue Krisen, wenn sich, wie fast jedes Jahr, die großen Parteien um den Staatssender RAI und die Sender der Berlusconi-Gruppe streiten. Plötzlich müssen auch wir uns an das Reglement halten, das eigentlich nur unter diesen Gruppen Gleichheit herstellt. Müssen eine auf lokaler Ebene unmögliche politische „Ausgewogenheit“ vorspielen, müssen Einschränkungen im Werbesektor beachten, die eigentlich nur die Großen zügeln sollen, dann aber aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes auch auf uns angewendet werden. Viele Träger überleben nur, weil sie gleichzeitig zwei oder drei Sender betreiben und so die genehmigten Werbezeiten splitten können. Dabei sind wir ohnehin schon so bescheiden. Wir möchten eine Konkurrenz der Ideen und nicht den Zwang zur Kopie, Freiheit der Gestaltung, klare gesetzliche Vorschriften für alle. Doch auch nach 18 Jahren Erfahrung mit dem Privatfernsehen bewegen wir uns immer noch auf der Ebene von Hoffnungen und Träumen. Everardo Longarini

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