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HörBarDer Norden

Paraderolle für das Stimmtalent: Hape Kerkeling liest, spricht, spielt "Ein Mann, ein Fjord". Außerdem: Henning Mankells Roman "Die italienischen Schuhe"

Bild: taz

Eine Paraderolle für das Stimmtalent: Hape Kerkeling liest, spricht, spielt in "Ein Mann, ein Fjord" zwölf verschiedene Charaktere, inklusive Schlittenhund. Und schon nach ein paar Minuten vergisst man, dass nur ein Sprecher diese seltsame Reise erzählt: Der Arbeitslose Norbert Krabbe verbringt seine Zeit mit Frau, Tochter und Gewinnspielen. So gewinnt er einen Fjord auf den Lofoten, der nach ihm benannt werden soll. Zur Fjordtaufe macht er sich zusammen mit der pubertierenden Tochter auf den Weg, notorisch klamm fährt er schwarz, gibt sich als Zugreinigungspersonal aus, ergaunert Schiffstickets. Unterhaltsam ist das vor allem, wenn Kerkeling mal dänisch, mal undefinierbar skandinavisch plappert, die Tochter einen nordischen Traummann aufgabelt, die Ehefrau den beiden hinterherreist. Alles lebt von skurrilen Dialogen. Das ist lustig, aber es fehlt die Poesie einer Reise in den Norden.

Ganz anders und kaum zu vergleichen: Henning Mankells Roman "Die italienischen Schuhe". Von einem Einzelnen vorgetragen, eine Lesung, kein Hörspiel. Der Sprecher ist Axel Milberg, er liest zurückgenommen, und somit weit intensiver. Mankells winterliche Geschichte ist kein Krimi und spielt, trotz des Titels, im Norden. Mankell versteht es, mit wenigen Worten diesen Norden ins Ohr zu holen, beschreibt Bilder, die innere Bilder entstehen lassen. Der Roman beginnt mit der Szene des Ich-Erzählers, der jeden Morgen aus seinem Haus tritt, ans Ufer geht, ein Loch ins Eis hackt und badet. Bei minus 19 Grad ein Bad im Eisloch, "um zu spüren, dass ich noch lebe". Die Kälte klirrt förmlich, oder singt, wie Mankell das Eis beschreibt. Schon beim Zuhören fröstelt einen. Der ruhige Ton des Nordens schwebt über dieser Geschichte eines Mannes, den in der selbstgewählten Einsamkeit die Vergangenheit einholt. Milberg hat viel von Mankell eingelesen, ihm kann man stundenlang zuhören. So wie die Stimme des Sprechers ist auch der Ton des Textes - verhalten, zurückgenommen. Ein eingespieltes Duo - Milberg, Mankell.

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