„Hör ma, Rudi“

■ Herwig Mitteregger im Modernes hartgesotten / Alter Kämpen großes Geschaffe

Die Jingles von Radio Bremen, mit denen die Welle 4 stadtinterne Popkonzerte anzukündigen pflegt und die sie in einem dem laienhaften Hörer undurchschaubaren organisatorischen Zusammenhang mit den Veranstaltern als solche von Radio Bremen präsentiert, haben inzwischen, so hoffe ich, sowas wie SammlerInnenwert.

Falls jedenfalls jemand diese Spots längerfristig mal mitgeschnitten hat und sie entbehren kann: Er/sie schicke das Tape an die Redaktion. Ich möchte mal herausfinden, ob das gesammelte Werk auf der nächsten Fete nach - sagen wir zwei Uhr - die Hütte leerfegt. Oder als satirischer Höhepunkt des Abends zum Köpfen

der restlichen Flaschen Sekt führt. Es gibt - sonst würde ich wohl über diese lächerlichen, in der Regel wohl mindestens alle zwei Stunden wiederkehrenden Werbespots keine Zeile verschenken - eine hoffentlich nicht unfreiwillig komische Ausnahme: „Hör ma, Rudi“, sagt da einer raunend, „Herwig Mitteregger kommt“. „Laß es sein mit

der Gitarre“

Und am Schluß, nach Anspielung auf „Spliff„-Zeiten und mittlere Hits: „Hör ma, Rudi, laß es sein mit der Gitarre.“ Das ist schön, denn dieses „Hör ma, Rudi“ ist Teil des wohl interessantesten

Liedes von Herwig Mitteregger - melancholisch düster geht es da um das Verhältnis zwischen Ambition und Unvermögen.

Herwig Mitteregger kam ins Modernes, mußte sich mit rund 250 ZuhörerInnen unter Wert abspeisen lassen und erwies sich im Gegensatz zu seinen betulich abgemischten LPs als recht hartgesottener Rocker. Dabei half ihm ein sicher sinnverwandter alter Kämpe an seiner Seite: Gitarrer Bernhard Potschka schrammelte sich mit seinem Trash-Sound schon durch die „Spliff„-Programme. So wurden Schlagerchen zu gestandenen Rocknummern. Herwig selbst ließ sich trotz Hilfsdrummers (Wolf

Brendl) seine Show an den Sticks nicht nehmen, sang trotz großem Geschaffe hinter seinem riesigen Set noch erstaunlich akzentuiert und erwies sich darüber hinaus multiinstrumental begabt: am elektronischen Xylophon gar virtuos. Begabung:

multiinstrumental

Die MitmusikantInnen standen ihm kraftvoll zur Seite, bekamen gegen Ende auch Raum für ihre eigene Präsentation, und da driftete das Ganze auch angenehm in etwas differenziertere „Spliff„-nahe Gewässer. Seine „Rudi„-Nummer vertrieb er in einer effektvollen, aber oberflächlichen Slow -Funk-Version, er traute sich wohl nicht, aber dennoch: ein gutes, streckenweise hervorragendes Rockkonzert. Warum, zum Teufel, zieht der Marius derzeit so rund dreißig mal mehr ZuhörerInnen als der Herwig?

rak