: Höfen-Pflaster ist umsonst
■ Öko-Gärtner warten seit zweieinhalb Jahren auf ihren Arbeitslohn für die Verlegung von Steinen vor dem „Up'n Swutsch„-Studio von Radio Bremen auf den Höfen
Das reiche Bremer Fernsehen mit seinem Stadt-Studio „Auf den Höfen“ bietet dem Besucher einen ärmlichen Anblick: Als ob es jeden Tag neu aufgerissen würde, um seine endgültige Gestalt erst noch zu bekommen, so sieht das Pflaster rund um die Glas-Front auf den Höfen aus.
Und während „Up'n Swutsch“ wöchentlich für eine Stunde Fernsehen sechstellige Summen ausgibt, warten diejenigen, die die ca. 40 Quadratmeter Steine verlegt haben, seit zweieinhalb Jahren auf ihr Geld - bislang vergeblich.
Denn das Studio gehört heute nicht mehr Helmut Hubrich, der den Gartenbauern vom Öko-Betrieb Grüner Garten vor drei Jahren den Auftrag gab. Hubrich will sich beim Studio-Bau um 500.000 Mark verkalkuliert haben, überschrieb seinen Besitz der Ehefrau Helga sowie zwei Geschäftspartnern und meldete Konkurs an. Die Geschädigten sind neben dem Grünen Garten einige andere kleine Firmen und die frühere Eigentümerin des Hof-Cafes, das für den Studio-Bau abgerissen wurde.
Im Dezember 1985 pflasterten die Gartenbauer den Eingangsbereichs zum Fernsehstudio, seitdem schuldet Hubrich ihnen 10.000 Mark. Rechnet man Rechtsanwalts- und Gerichtskosten hinzu, die dem Grünen Garten entstanden, als die Firma ihr Geld eintreiben wollte, fehlen dem Öko -Betrieb rund 15.000 Mark.
Weil sie dies nicht einfach so
hinnehmen konnten und wollten, starteten die Pflasterer Anfang Juni diesen Jahres eine Aktion mit symbolischem Charakter: Sie buddelten mehrere Quadratmeter Pflastersteine vor dem „Swutsch„-Studio aus. Die erhoffte Zahlung blieb jedoch aus, stattdessen drohte die neue Besitzerin mit erheblichen Schadensersatz-Forderungen. Dies bewog die Gartenbauer dazu, die Steine direkt vor dem Eingang wieder zu verlegen. Inzwischen ist auch das symbolische Loch, das die geprellten Gartenbauer ließen, mit Pflastersteinen ge
füllt.
Gabi Thurm vom ökologischen Gartenbaubetrieb Grüner Garten sieht „keinerlei legale oder rechtsstaatliche Möglichkeiten“ gegen den gerissenen Bauherrn Helmut Hubrich, um an das dem Betrieb zustehende Geld zu kommen. Einzig verbleibende Hoffnung für den Öko-Betrieb ist Radio Bremen, das sich bisher geschickt aus der Affäre herausgehalten hat. Für den finanzstarken Mieter des Studios wäre es sicherlich eine Kleinigkeit, das Pflaster vor seiner Tür zu bezahlen.
Silke Hünerkoch
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