Höchststrafe in Gambia: Tod durch die Giftspritze
Erstmals seit 27 Jahren lässt der Präsident Jammeh neun Häftlinge hinrichten. Menschenrechtler fordern Sanktionen und mehr internationalen Druck.
COTONOU taz | „Jammeh hat sie tatsächlich töten lassen!“ In großen, roten Lettern prangert die Onlinezeitung Freedom Newspaper am Sonntag das an, was die gambische Zivilgesellschaft vor einer Woche in Wut versetzt hat. Ohne Vorwarnung hat Dauerherrscher Yahya Jammeh nach 27 Jahren erstmals wieder die Todesstrafe vollstrecken lassen.
Neun Häftlinge sollen, so berichtet Freedom Newspaper und beruft sich dabei auf zuverlässige Quellen, in der Nacht zu Freitag im Gefängnis Mile Two durch eine Giftspritze hingerichtet worden sein. Hochverrat und Mord lauteten die Anklagepunkte. Laut Amnesty International warten 47 weitere Häftlinge ebenfalls auf ihre Hinrichtung.
Zuerst hieß es, die Todesstrafe solle im September vollstreckt werden. Doch dann dauerte es nur wenige Tage. Nach Informationen der „Vereinigung der gambischen Zivilgesellschaft“ hatte Präsident Jammeh ausgerechnet während des Sallah-Fests – gefeiert werden neben dem Ende des Ramadan auch Liebe, Frieden und Vergebung – die Hinrichtungen angekündigt. „Für die internationale Gemeinschaft war das ein Schock“, sagt Banka Manneh, Chef der „Vereinigung der gambischen Zivilgesellschaft“. „Wir waren leider nicht sehr überrascht.“
Dann listet Manneh jene Menschenrechtsverletzungen auf, die düstere Realität in dem westafrikanischen Ministaat sind. Regelmäßig würden oppositionelle Politiker oder Menschenrechtler verschwinden, kritische Journalisten werden verhaftet oder flüchten ins Ausland. Meinungsfreiheit? Manneh lacht bitter auf. „In Gambia werden so viele Menschenrechte massiv verletzt.“
Ändern könne sich das nur durch massiven internationalen Druck. Denn Präsident Jammeh, der 1994 nach einem Staatsstreich an die Macht kam und im November 2011 in zweifelhaften Wahlen wiedergewählt wurde, würde von selbst nie einlenken. Staatliche Medien huldigen ihm, manchmal loben sie auch seine eigens entwickelte Kräutertherapie gegen das HI-Virus.
„Gambia ist ähnlich wie Simbabwe. Deshalb brauchen wir Sanktionen und internationale Aufmerksamkeit. Damit wäre es nicht so schwer, die Situation zu ändern“, hofft Manneh. „Und vielleicht ist durch die Hinrichtungen nun die Zeit gekommen, dass der Druck erhöht wird.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen