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Hochschul-StatistikGebühren schrecken Studenten ab

Wo Studiengebühren verlangt werden, schreiben sich weniger Abiturienten ein, zeigt eine neue Statistik. Länder, die dagegen auf Gebühren verzichten, bekommen Zuwachs.

Voller Hörsaal an der Uni Leipzig - hier ist Bildung noch erschwinglich. Bild: dpa

BERLIN taz Erstmals seit 2003 beginnen wieder mehr StudentInnen ein Hochschulstudium in Deutschland - jedoch meist nur dort, wo sie keine Gebühren dafür zahlen müssen. Dagegen sinken die Zuwachsraten in den Ländern, die Studiengebühren eingeführt haben. Das teilte das Statistische Bundesamt mit.

Exakt 358.217 StudentInnen begannen im Studienjahr 2007 ihre Ausbildung: ein Anstieg um 4 Prozent. Vor allem Fachhochschulen scheinen für die Anfänger attraktiver zu werden: Hier betrug die Zunahme 8 Prozent, an den Universitäten dagegen lediglich knapp 2 Prozent.

Länder die auf allgemeine Studiengebühren verzichten, konnten rasante Zuwächse verzeichnen. Etwa Bremen und Brandenburg mit jeweils 14 Prozent, Thüringen und Sachsen mit jeweils 9 Prozent mehr StudentInnen als im Vorjahr. Ohnehin ist ein deutliches Wachstum der Neu-Einschreibungen in den neuen Bundesländern sowie den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin zu beobachten.

Dagegen schrieben sich weniger Erstsemester in Bundesländern ein, die Gebühren kassieren. Erheblich sinken die Zahlen etwa im Saarland, wo sich 3 Prozent weniger immatrikulierten. In Baden-Württemberg sind es 2 und in Hessen 0,4 Prozent weniger Neuzugänge als im Vorjahr. Zahlen, die eine Wanderung der Studierenden zwischen den Bundesländern belegen, könnten aber erst im Sommer vorgelegt werden, hieß es.

Die Hochschulrektorenkonferenz bestreitet einen Zusammenhang zwischen Studiengebühren und der Zahl der Studienanfänger. Ihre Präsidentin, Margret Wintermantel, sagte am Mittwoch, die Zahlen des Statistischen Bundesamts belegten keinen Zusammenhang zwischen Gebühren und der Menge der Studienanfänger.

Wintermantel begrüßte die gestiegene Zahl der Anfänger. In den letzten Jahren hatten immer weniger AbiturientInnen ein Studium begonnen. Allerdings rechnen die Hochschulen mittelfristig mit einem Ansturm: 2013 werden voraussichtlich 2,5 Millionen Studienplätze nachgefragt. Dass die Zahlen nun schon steigen, hilft den Rektoren beim Argumentieren gegenüber den Finanzministern.

Wintermantel sagte, die steigenden Zahlen zeigten, wie wichtig der Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern sei, der den Anstieg der Studienanfängerzahlen durch geburtenstarke Jahrgänge finanziell auffangen soll. Es bleibe aber das Problem, dass das Geld vielerorts nicht reiche, um attraktive Bedingungen zu bieten und die Bologna-Reform umzusetzen. Mit dem Bologna-Vertrag waren die neuen Studiengänge Bachelor und Master eingeführt worden, um Studienabschlüsse europaweit zu vereinheitlichen. BA und MA gewönnen an Bedeutung, berichtet das Statistische Bundesamt. Während sich letztes Jahr 29 Prozent für einen Bachelor-Studiengang entschieden, waren es 2006 37 Prozent. Masterabschlüsse strebten 2006 5 Prozent an, ein Zuwachs von 1 Prozentpunkt. Bis 2010 soll flächendeckend auf Bachelor und Master umgestellt werden.

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4 Kommentare

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  • KF
    Konrad F.

    @"Ausserdem lässt die Organisation der Studiengänge oft extrem zu wünschen übrig und es wird nach dem Motto verfahren, die Ersten kann man ja verheizen..."

    An dieser Stelle heißt es anpacken, gerade dadurch dass eine neue Organisation geschaffen wird lässt sich viel verändern. In vielen Bundesländern/Unis gibt es die Möglichkeit für Studierende an neuen Studienordnungen/Prüfungsordnungen mitzuwirken und wer weiß um die Probleme die sich ergeben besser als die Betroffenen.

    Im Ernst die Chance besteht jetzt gerade, wenn die Bachelorpläne erstmal durch sind ist sicher einige Jahre Ruhe in den Unis was organisatorische Veränderungen betrifft. Ist ja gerade 40 Jahre her, dass wir diese Möglichkeiten erkämpft haben nun gilt es die auch zu nutzen.

    Ansonsten muss man sich halt vorher, so gut wie es geht, informieren wie es an einer Uni aussieht, nicht alle Bachelorstudiengänge die eingeführt werden sind "schlecht", genauso wie nicht alle Diplomstudiengänge "gut" waren. Und damit meine ich nicht Rankings blättern sondern man kann sich z.B. die Uni mal vorher anschauen und mit schon Studierenden über ihre Lage reden, dort wo es schon welche gibt. Oder mal den Fachschaftsrat anrufen, die haben meist Bürozeiten wo sicher jemand mit dir redet.

     

    @Jens K. Fein:

    Ich hatte ja oben eine der Organsationen genannt die so Studien durchführen die können das mit dem "Wort im Mund umdrehn" ziemlich gut, wie ich finde. (Siehe Umfragen nach denen plötzlich die Mehrzahl der Studierenden Gebühren befürwortet)

    Wenn ich Studienanfänger aus den alten Bundesländern in Potsdam und Berlin frage warum sie da studieren kommt sicher bei jedem zweiten, weils kostenlos ist.

  • JK
    Jens K. Fein

    Na ganz toll. Bereits vor Wochen, als die Zahlen durchsickerten - wurde sofort bestritten, dass sie irgendetwas mit den mancherorts erhobenen Studiengebühren zu tun hätten. Für wie dumm hält man uns eigentlich? Mal unabhängig davon, wie man zu den Gebühren steht und wie man die Bildungsstrukturen im Hochschulbereich bewertet, können die Zahlen gar nicht anders gedeutet werden als ein Hindernis für viele, die nicht aus gutsituierten Verhältnissen kommen, von einem Studium abzusehen. Fragen wir doch mal die, die sich gegen ein Studium entschieden haben, nach deren Gründen! Vermutlich würde man ihnen dennoch das Wort im Munde herum drehen.

  • BS
    Bachelor Student

    Gebühren schrecken Studenten ab und das Bachelor-Studium auch.

    Momentan kann ich aus eigener Erfahrung jedem nur raten noch zu versuchen, an ein Diplomstudium zu kommen, da viele Firmen in nachwuchsstarken Branchen Absolventen mit dem "tollen" Bachelor einfach links liegen lassen. Ausserdem lässt die Organisation der Studiengänge oft extrem zu wünschen übrig und es wird nach dem Motto verfahren, die Ersten kann man ja verheizen...

    Auch hat man als Student bei einigen Dozenten/Professoren den Eindruck, dass sie bewusst den Bachelorstudiengang boykottieren.

  • KF
    Konrad Feiler

    Hallo liebe Taz-Redaktion,

    ich möchte gern anmerken, dass es nach meiner Leseweise gerade nicht Ziel des Bologna-Prozesses ist, Studiengänge zu "vereinheitlichen". Das Ziel ist eher die "Vergleichbarkeit". Ich bin der Meinung, im Kontext des Bologna-Prozesses sollte es "vergleichbar zu machen" statt "zu vereinheitlichen" heißen. Denn es wird oft darauf hingewiesen, dass die Diversität des europäischen Hochschulraums gerade auch als Vorteil und Chance begriffen wird.

     

    Gerade in der Umsetzung des B.-P. in Deutschland ist es wichtig, daran zu denken, dass es um Vergleichbarkeit und nicht um Gleichmacherei geht.

     

    Außerdem unterscheiden sich die verschiedenen europäische Länder doch deutlich in dem, was sie unter einem "Bachelor" oder einem "Master" verstehen.

     

    Ich finde es wichtig, dass die Taz als Organ der kritischen Öffentlichkeit hier nicht die (einseitige) Meinung einzelner Akteure (ich nenne da die Bertelsmann-Marionetten CHE) vertritt.