Hoch in Boutiquen

■ From coast to coast in Norddeutschland: Geschäftsleute können vom Sauwetter nicht genug kriegen

Trübsinn jeden Tag am Himmel, Trübsinn auch unter den nicht urlaubenden EinwohnerInnen Norddeutschlands, denen regelmäßig die Wochenenderholung ins Wasser fällt. Wer gar derzeit zwischen Ost- und Nordsee Ferien macht, ist besonders mies dran: Regencapes, Wollpullover und feste Schuhe sind augenblicklich bei den Urlaubern in Schleswig-Holsteins Ferienorten gefragt. Was den Strandkorbvermietern schlaflose Nächte bereitet, freut jedoch Boutiquenbesitzer, Gastronomen und Souvenirverkäufer von Damp 2000 bis Westerland. „Die Geschäftsleute jubeln über jeden Tag ohne Sonne“, weiß Kurt Waligorski vom schleswig-holsteinischen Einzelhandelsverband. Denn wenn die Urlauber sich nicht in der Sonne aalen können, bevölkern sie erfahrungsgemäß die nächsten Einkaufsviertel.

„Bei blauem Himmel bewegt sich hier absolut nichts“, erzählt Heinz Schmidt aus Laboe in seinem Souvenirshop. Zünftige Radfahrer und Spaziergänger, die bei durchwachsenem Wetter einen Ausflug antreten, sind ihm die liebsten Kunden. „An trüben Tagen stellen wir sofort unser Sortiment um. An den Ständern hängt dann Regen- statt Badezeug“, berichtet Sporthaus-Besitzerin Susanne Helmcke aus Sankt Peter-Ording. In Restaurants und Cafes klingelt an solchen Tagen das Geld in den Kassen. „Die Leute sitzen schon nachmittags beim Essen“, beobachtet der Westerländer Kurdirektor Peter Douven. Erfreut über den bedeckten Himmel zeigt sich Sonnenstudio-Besitzer Werner Holtfreter: „Die Leute wollen braun nach Hause, egal wie.“

„Von meinen 200 Körben sind gerade die Hälfte vermietet“, schimpft dagegen Strandkorbwärter Karl Stenzel aus Laboe. Um die Urlauber trotz der kühlen Temperaturen bei Laune zu halten, bieten die Kurverwaltungen Animations- und Kulturprogramme an: Mal- und Bastelkurse, Kutschfahrten, Wandertouren und Dorffeste. Großer Beliebtheit erfreuen sich auch die Erlebnisbäder und Thermen. „An Regentagen tummeln sich bei uns oft 2500 Gäste“, beobachtet Bernd Bartel vom „Subtropischen Badeparadies“ Weißenhäuser Strand. Scheint die Sonne, ist es dort nur halb so voll.

Die Urlauber betrachten die Wetterlage eher gelassen. „In Schleswig-Holstein sind wir doch auf alles eingestellt“, sagt ein Familienvater und steigt auf sein mitgebrachtes Fahrrad.

Claudia Utermann/dpa