: Hoch gestapelt - tief gefallen
■ Betrügerischer Traum von der Tiefsee-Manganknolle vor dem Bremer Amtgericht Gescheiterter Unternehmensgründer und Frührentner fand milde Richter
Ganz tief unten, auf dem Grund des Pazifik, wartet der Reichtum. „Manganknollen liegen da 'rum, wie Kartoffeln auf dem Acker im Herbst“, weiß Horst L. Um diesen Reichtum rangeln sich multinationale Konzerne. Multinationale Konzerne und - Horst L. Doch während die Konzerne durchaus hoffen können, die Mineralien in klingende Münze umzuwandeln, brachte die Sehnsucht nach dem Reichtum aus dem
Ozean den 57jährigen Horst L. lediglich auf Anklagebänke bundesdeutscher Gerichte. Gestern fand die tragikomische Geschichte des Horst L. vor dem Bremer Amtsgericht ihr vorläufiges Ende.
Horst L. ist ein weltgewandter Mann. Zumindest kann er sich so darstellen: Geschäftsbeziehungen zu den Großen der Industrie, guten Draht zu Regierungen und Behörden. Und, Horst L. hat eine
Idee, ein „schlüsselfertiges Konzept“, wie er es nennt. Er weiß wie man Mangan erst entdeckt, dann fördert, und wo der Rohstoff verhüttet werden kann. Das Ganze hat nur einen Fehler: Horst L., ehemals erfolgreicher Verpackungsingenieur, ist nach einer schweren Tuberkulose Frührentner. Seine Rente wird zudem teilweise gepfändet, da er nach einem Konkurs erhebliche Schulden hat. Doch der Traum von der in
ternationalen Reputation, wird zur fixen Idee, verstellt L. jeden Blick für die Wirklichkeiten der Geschäftswelt. So mietet er in bester Bremer Geschäftsgegend, im Schoor, ein Büro an, läßt renovieren, bestellt Mobiliar, und beschäftigt eine 23jährige als Sekretärin. Ihr Arbeitsvertrag enthält Formulierungen, die ansonsten allenfalls für den Vorstand eines Großkonzerns üblich sind.
Aber Hans L. führt keinen Großkonzern, sondern die Phantasiegesellschaft „Pacific Minerals GmbH Forschungsreederei“. Und die kann keine der Rechnungen bezahlen. Betrug heißt so etwas im realen Strafgesetzbuch. Und da Hans L. zudem wegen seiner Manganknollen-Hochstapelei bereits mit einer Bewährungsstrafe vorverurteilt ist, sind seine Chancen für ein mildes Urteil nicht gut.
Doch der psychologische Gutachter bescheinigt ihm aufgrund „lebensfremden Verhaltens“ verminderte Schuldfähigkeit und der Richter folgt dem Antrag des Rechtsanwaltes und erkennt auf zwei Jahre Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Der Bewährungshelfer will „den Daumen“ auf dem phantasiebegabten Hochstapler halten. Das wird notwendig sein, denn L. hatte bereits neue Pläne: zum Beispiel das Atomschiff Otto Hahn zu kaufen oder den Schnellen Brüter in Kalkar zu verpacken.
hbk
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