: Hinter dem Sonnenschild
■ Sommertheater: „Betontanc“ eröffnet den Reigen der Slowenen
Die mit ideologischen Symbolen hantierenden Laibach und ihre kulturelle Peergroup Neue Slowenische Kunst prägen seit vielen Jahren das Bild, welches in Deutschland von der slowenischen Avantgarde-Kunst herrscht. Und da das diesjährige Sommertheater einen kleinen Slowenien-Schwerpunkt aufweist, findet sich mit Cosmokinetic Cabinet Noordung natürlich auch die Theatersektion der NSK im Programm. Daß es auch ganz andere Tendenzen in der Theaterszene von Ljubljana gibt, möchte Matjaz Pograjc mit seiner Gruppe Betontanc zeigen.
In bewußter Distanz zu der oft aufgeblasenen Intellektualität der NSK versucht Pograjc ein körperbetontes Theater zu entwickeln, daß sich keinen Dogmen verschreibt. „Wir haben mit unserem Stil sowohl auf Tanz- wie auf Theaterfestivals unserer Probleme, weil wir in beide Schablonen nicht richtig hineinpassen“ erklärt Pograjc die spezifizischen Rezeptionsprobleme des Beton-Tanzes. Sein vorletztes Stück Every Word A Gold Coin's Worth etwa zeigt den Krieg zwischen Mann und Frau vor einer Wand. „Es ist ein sehr gefährliches Stück“ meint Pograjc und meint das durchaus im wörtlichen Sinn.
Der Kampf der sechs Tänzer, wer das Metallhindernis überwindet und die anderen besiegt, eskaliert in zwei Vergewaltigungen und hat im Verlauf des Probenprozesses zu vielen Verletzungen geführt. Pograjc, der früher eine Fußballmannschaft trainiert hat und die dortigen Gesetzte auch im Theater wiederfindet, will sein Stück trotz möglicher Assoziationen nicht als Kommentar zum Jugoslawien-Krieg verstanden wissen.
„Ich suche nach der Wahrheit in unserer Realität“ und damit meint er ein Slowenien, das mit dem Slogan „Die sonnige Seite der Alpen“ sich längst wieder als heiles Urlaubsidyll verkauft. Daß Grausamkeit hinter dieser Hochglanz-Fassade ihren festen Platz hat, das versucht Betontanc mit ihrem Stück in Erinnerung zu rufen. tlb
Heute bis Donnerstag, Halle 4, jeweils 20 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen