piwik no script img

Hillary ClintonMehr des Guten?

Hillary Clinton ist die aussichtsreichste demokratische Kandidatin für die US-Wahlen. Nun gibt es Streit: Zwei Biographien beleuchten ihr Ja zum Irakkrieg.

Hillary Clinton bei der "Take Back America"-Konferenz in Washingon D. C. am Mittwoch Bild: reuters

WASHINGTON taz Es ist erstaunlich. Wann immer die drei wichtigsten demokratischen Kandidaten für die amerikanische Präsidentschaftswahl aufgezählt werden, heißt es "Hillary, Edwards and Obama". Nie "Hillary, Barrack und John". Hillary? Warum hat sie nur einen Vornamen? Ist das in Ordnung? Das ist die erste Frage, die sich vor allem Frauen stellen, wenn sie über die Kandidatin sprechen. Doch selbst wenn Hillary Rodham Clinton wollte - es ist längst zu spät, das zu ändern. Warum sollte sie? "Hillary" ist der Markenname einer Multimillionen-Dollar-Wahlkampfmaschinerie, die erstaunlich effektiv die ganzen USA durchpflügt. Immer auf der Suche nach dem richtigen Ton, der großzügigen Spende, dem neuen Fanclub.

Ihr Wille zur Macht hat die Diskussion darüber, was es bedeutet, dass zum ersten Mal eine Frau eine reale Option hat, ins Weiße Haus einzuziehen, deutlich in den Hintergrund gedrängt. Die Einzigen, die damit noch ein Problem haben, sind ausgerechnet die linken US-Feministinnen. Bei ihnen hat Hillary Clintons wohlorchestrierter Einstieg in die Politik Misstrauen und Enttäuschung ausgelöst. Haben sie sie einst als selbstbewusste, unabhängige First Lady gefeiert, verurteilen sie sie nun umso heftiger für ihre Fähigkeit zum Kompromiss.

Für die Demokraten ist die Senatorin aus New York in erster Linie ein Mehr von Altbekanntem, aber ein vielversprechendes Mehr. Das zumindest zeigen die Umfragen, bei denen Hillary regelmäßig vor den anderen demokratischen Präsidentschaftskandidaten liegt. Während ihr stärkster Konkurrent, der 45- jährige Senator aus Illinois, Barack Obama, als "inspirierend" beschrieben wird und John Edwards als der "aufrichtige Kämpfer für die gute Sache", fallen bei der einzigen Kandidatin meist Worte wie "kalkulierend", oder "intellektuell".

Es gibt im liberalen Lager kaum Zweifel daran, dass das, was ihr fehlt, das ist, was die Bush-Familie stets "the vision thing" nannte. Hillary begeistert nicht wie Obama und wirkt nicht so vertrauenswürdig wie Edwards. Gleichzeitig sind sich alle einig, dass sie unter den demokratischen Kandidaten die Letzte wäre, die taktische Fehler begehen würde. Als Senatorin ist sie sehr effektiv. Als Kandidatin vorsichtig, stets bestens vorbereitet, artikuliert, kurz: jemand, der hart daran arbeitet, dass es allen bessergeht. Ist es daher eine ausgemachte Sache, dass sie die Nominierung ihrer Partei für das Rennen ums Weiße Haus erhalten wird? Keineswegs.

Denn ihr größtes Handikap ist ihre Zustimmung zum Irakkrieg im Jahr 2002. Anders als ihr Konkurrent John Edwards hat sich Clinton nie direkt für ihre damalige Entscheidung entschuldigt. Ein Umstand, den ihr der linke Demokratenflügel sehr übel nimmt. Stets sagt sie, dass ihr damaliges Ja auf den falschen Fakten der Bush-Administration beruhte. Unklar ist, ob die Vorwürfe stimmen, die zwei zeitgleich im Mai erschienene Hillary-Clinton-Biografien erheben und Hillary-Hassern Munition liefern.

Die Ansätze der beiden Bücher sind unterschiedlich. Jeff Gerth und Don Van Natta ("Her Way: The Hopes and Ambitions of Hillary Rodham Clinton") zeichnen ein äußerst ungünstiges Bild der Kandidatin, schildern sie als zwanghaft ehrgeizig und behaupten, sie habe mit ihrem Ehemann einen "Power-Pakt" geschlossen, der zuerst ihm ihre Hilfe zugesichert habe und ihn nun für sie einspanne. All das, um die kriselnde Ehe in eine Karrieremaschine zu verwandeln. Carl Bernstein dagegen, der Doyen des US-amerikanischen investigativen Journalismus, Carl Bernstein ("A Woman in Charge: The Life of Hillary Rodham Clinton") überhöht sie zur eigentlich bestimmenden Figur der ersten Clinton-Regierung und schreibt ihr dadurch auch eine maßgebliche Rolle bei den Fehlern ihres Mannes zu. Beide Bücher kommen allerdings zu dem Schluss, dass Hillary Clinton sich nicht die Mühe gemacht habe, die durchaus zugänglichen kritischeren Irakberichte der CIA zu lesen. Sie habe sich vielmehr mit den kriegstreiberischen Infos der Administration zufriedengegeben, schreiben die Autoren.

Seit dem Erscheinen der Biografien haben Clintons Berater hart gearbeitet. In der Anfang Juni in New Hampshire abgehaltenen zweiten Debatte aller acht demokratischen Kandidaten drehte Hillary den Spieß nämlich um. Der Krieg im Irak sei einzig und allein George W. Bushs Krieg. Mit diesem sehr simplen, aber cleveren rhetorischen Trick ist es ihr in den letzten Wochen dann auch gelungen, diejenigen in der eigenen Partei in Schach zu halten, die sie am liebsten über diesen Stein stolpern sehen würden.

Als es in diesem Frühjahr im Kongress um die Aufstockung der Truppen und die Weiterfinanzierung des US-Einsatzes im Irak ging, lehnte Hillary Clinton ab. Doch befürwortet sie, anders als zum Beispiel ihr Konkurrent John Edwards, keineswegs einen schnellen Rückzug der US-Truppen aus dem Irak. Um möglichst alle Verantwortung für das Desaster im Irak von sich zu weisen, hat die Senatorin eine weitere schlichte, aber in den wenig selbstquälerisch veranlagten USA eingängige Formel gefunden: Dass der Irak nun in Flammen stehe, sagt sie, daran seien die Iraker selbst schuld. Sie hätten ihre Chance nicht genutzt und das wertvolle Zeitfenster sich schließen lassen, das die US-Invasion für die Schaffung einer Demokratie geboten habe.

Widerspruch gegen solche Aussagen bekommt Hillary Clinton von den Republikanern bestimmt nicht. Die rechten Kandidaten sind bis auf eine Ausnahme so sehr damit beschäftigt, sich von der implodierenden Bush-Administration zu distanzieren, dass sie wenig Zeit für Angriffe haben. Gefährlich werden könnte Hillary Clinton nur noch Edwards, der mit soliden Ideen und seiner Entschuldigung durchaus punkten konnte - oder Barack Obama, der noch immer das Image des Neuen, Unverdorbenen genießt und es kultiviert.

Kein Wunder, dass die Marke "Hillary", wie ihre Wahlkampagne sie propagiert, umso mehr mit ihrer Erfahrung wirbt.

Wobei ihr Mann mal als Positivbeispiel dient - wenn es um den ökonomischen Aufschwung oder außenpolitischen Erfolge geht etwa, was stets impliziert, dass Hillary daran irgendwie Anteil hatte -, mal als Negativbeispiel. Dann sagt sie: "Ich lerne aus den Fehlern früherer US-Präsidenten - auch Bills." Was impliziert, dass ihre Clinton-Administration eine bessere sein würde als die erste Clinton-Administration. Das dass so sein könnte, daran zweifelt von New York bis San Francisco kaum jemand. Wenn da nur nicht das Ding mit der Vision fehlen würde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • V
    vale

    Nicht direkt zum Artikel, aber zur Präsidentschaftswahl: fühlt sich in den usa eigentlich keiner verarscht, wenn die kandidaten schon über eineinhalb Jahre vor der Wahl beginnen sich zu zerpflücken? eineinhalb Jahre Wahlkampf ist echt dreist!

     

    Das schafft doch keiner, dass es da nicht ein paar Stolperer gibt... aber an die erinnert sich am Ende doch eh keiner. Im Zweifel fällt die Entscheidung bei den meisten doch eh einige Tage / Wochen vor der Wahl!

  • M
    michael

    glaubt man der taz, so hat carl bernstein recht mit seiner hillary-biografie: denn schon nach bill clintons wahlsieg titelte die taz: hillary's husband elected!