Hilfsprogramm für die Wirtschaft: 100 Milliarden für Unternehmen in Not
Ein neuer staatlicher Hilfsfonds stützt Firmen, die durch die Finanzkrise in Schieflage geraten. Er ist Teil des Konjunkturpakets II der Bundesregierung.
BERLIN taz Der Wirtschaftsfonds Deutschland geht in den nächsten Tagen an den Start. Das sagte Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Mittwoch im Bundeskabinett. Der Bund unterstützt damit Unternehmen in Not mit insgesamt 100 Milliarden Euro.
Die Nachfrage der Banken nach staatlicher Hilfe nimmt weiter zu. Bis Februar hätten 18 Banken Hilfen von 294 Milliarden Euro beantragt, teilt der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) mit. Zusätzlich gebe es mehr als 20 Voranfragen. Der Fonds mit einem Volumen von 480 Milliarden Euro war im Oktober vergangenen Jahres gegründet worden, um das deutsche Finanzsystem zu stabilisieren. 197 Milliarden Euro Hilfen seien auch bereits bewilligt worden, hieß es weiter. Dabei waren 178 Milliarden Euro an Garantien ausgegeben worden, mit denen Banken leichter Anleihen auf den Markt bringen können. Weitere 19 Milliarden Euro wurden als Eigenkapital zugesagt. 45 Milliarden Euro an Garantien sind inzwischen wieder ausgelaufen. Geld erhalten haben die Immobilienfinanzierer HRE und Aareal, die Commerzbank, die IKB sowie die Landesbanken BayernLB und HSH Nordbank. Die Entscheidung über Hilfe für die Volkswagen-Bank steht noch aus.
Der Fonds ist ein Teil des zweiten Konjunkturpakets der Bundesregierung. Er beinhaltet 25 Milliarden Euro Kredite und 75 Milliarden Bürgschaften an Unternehmen. Schon in den nächsten Tagen sollen die ersten Anträge angenommen werden.
Laut Regierungskreisen werden nur "grundsätzlich gesunde" Unternehmen berücksichtigt. Dazu muss eine "besondere volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit" bestehen, und der Wettbewerb darf nicht zu sehr eingeschränkt werden. Die Branche, in der das geförderte Unternehmen tätig ist, muss dazu von der Finanzkrise besonders betroffen sein.
Für den Fonds hat die Bundesregierung ein Beratergremium geschaffen, das von Michael Rogowski geleitet wird. Der ehemalige Vorstand des Bundesverbandes der Industrie (BDI) sammelte zuletzt als Aufsichtsratsmitglied der IKB Erfahrungen mit Staatshilfen. Die Bank wurde mit Milliardensummen vor dem Zusammenbruch bewahrt. Die Experten des "Lenkungsrats Unternehmensfinanzierung" werden eingeschaltet, wenn Kredite über 150 Millionen Euro oder Bürgschaften über 300 Millionen Euro vergeben werden. Das wäre bei Hilfen an Schaeffler/Continental oder Opel der Fall, wo es um Milliardenbeträge geht.
Neben Rogowski gehören dem Rat die Unternehmer Hubertus Erlen (Exvorstandschef von Schering), Jürgen Heraeus (Aufsichtsratschef des gleichnamigen Unternehmens), Nikolaus Knauf (CSU, Geschäftsführer Knauf Gips), der Ökonom Martin Hellwig und der Gewerkschaftsvorsitzende Hubertus Schmoldt (SPD) an. Komplettiert wird das Gremium von dem ehemaligen Staatssekretär Alfred Tacke (SPD) und von Walter Hirche (FDP), Exwirtschaftsminister in Niedersachsen. Ein Großteil des Lenkungsrats gilt als staatsskeptisch. So hatte sich Michael Rogowski als BDI-Vorsitzender stets gegen zu viel Einflussnahme des Staates gewandt.
Die Haushaltsexperten der CDU und SPD, Steffen Kampeter und Carsten Schneider,kritisierten im Handelsblatt das Gremium. Laut Kampeter verkompliziert es den bürokratischen Prozess, laut Schneider ist es überflüssig. Die Kritik beründet sich auf der Beratungsfunktion. Über Staatshilfen entscheiden kann der Rat nämlich nicht. Dafür ist ein "Lenkungsausschuss" zuständig, dem drei Staatssekretäre aus den Ministerien Wirtschaft, Finanzen und Justiz sowie Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann angehören.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!