Hilfe der deutschen Polizei abgelehnt: Kritik an Polizeieinsatz in Straßburg
Auch Frankreichs Innenministerin Marie-Aillot kann das Einsatzverhalten der französischen Polizei bei den Bränden in Straßburg nicht erklären. Erste Schnellurteile gegen Demonstranten verhängt.
PARIS taz Am Montag nach der Randale während des Nato-Gipfels fallen in Straßburg die ersten Gerichtsurteile. Sie sind so hart, wie es in Frankreich PolitikerInnen von der Opposition bis hin zum Staatschef gefordert haben: Zwei junge Deutsche bekommen sechs Monate Gefängnis mit sofortiger Vollstreckung. Ein dritter Deutscher und zwei Franzosen erhalten Bewährungsstrafen. Alle Angeklagten sollen zum "schwarzen Block" gehören. Alle stehen wegen Waffenbesitzes und Brandstiftung vor Gericht. In den nächsten Tagen werden weitere Schnellverfahren gegen junge Leute folgen, von denen zahlreiche aus Deutschland stammen. Als im Publikum der Ruf "Faschisten" ertönt, lässt der Richter den Saal räumen. "Ich habe das Gefühl, dass sie für die anderen büßen", erklärt Alain Charlemoine vom Legal Team International in Straßburg.
Unterdessen sind der Polizeieinsatz auf dem Nato-Gipfel und seine Folgen in Paris ein Politikum geworden. Die Kritik der Opposition reicht von "Vernachlässigung des Rechts auf Sicherheit der Bürger" - O-Ton der rechtsliberalen Medien - bis zum Ruf nach einer Untersuchungskommission seitens der Grünen. Der sozialistische Abgeordnete Vincent Peillon fordert sogar den "Rücktritt" von Innenministerin Michèle Alliot-Marie. Verschiedene Menschenrechts- und Friedensgruppen in Straßburg, die sich zwar politisch von den Aktionen des "schwarzen Blocks" distanziert haben, sammeln Zeugenaussagen, um Klarheit in das Chaos vom vergangenen Samstag zu bringen. Unter anderem erhalten sie Hinweise darauf, dass die legale Demonstration von der Polizei in eine Straße hineingeführt worden sei, die dann von beiden Seiten gesperrt wurde. Ebenfalls bekannt geworden sind zahlreiche polizeiliche Übergriffe, darunter Arbeitsbehinderung von JournalistInnen und brutale Festnahmen. Ein Video, das auf Dailymotion zu sehen ist, zeigt außerdem eine Gruppe von CRS-Polizisten mit Schutzschildern, die von der Anhöhe eines Bahndamms aus Steine auf DemonstrantInnen werfen. Die DemonstrantInnen, die unter ihnen vorbeidefilieren, rufen laut: "Arrêtez" - hört auf.
Die Innenministerin hatte vor dem Nato-Gipfel zum Großeinsatz von knapp 10.000 PolizistInnen erklärt, die deutschen und die französischen Polizeikräfte hätten sich in enger Zusammenarbeit vorbereitet. Unter anderem würden bis zu 2.000 gewaltbereite DemonstrantInnen erwartet.
Nachdem in Straßburg ein Hotel, das Fremdenverkehrsbüro, eine Apotheke und andere Einrichtungen ausgebrannt waren, reiste Alliot-Marie nicht erneut vor Ort. Von Paris aus erklärte sie, der "Aufstand" sei "ganz besonders gewalttätig" gewesen, und beschrieb ein "neues Phänomen von extrem gewalttätigen Gruppen, die den Staat zerstören wollen." Nach den Ausschreitungen hatte ein deutscher Polizeigewerkschafter erklärt, seine Seite hätte Hilfe gegen die Brände angeboten. Doch die französische Polizei habe das abgelehnt. Die Ministerin in Paris erklärte: "Davon weiß ich nichts." Und fügte hinzu, eine solche Zusammenarbeit lasse sich nicht im letzten Moment improvisieren.
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