: Hildebrandt gegen Möllemann
■ Brandenburgische Arbeitsministerin hält ein Ende der Kurzarbeiterregelung in diesem Sommer für völlig unrealistisch/ Fast jede/r Zehnte ohne Job
Lübben. Entschieden abgelehnt hat die brandenburgische Arbeitsministerin Regine Hildebrandt (SPD) die Vorstellungen von Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP), die Kurzarbeiterregelung in den neuen Bundesländern im Sommer auslaufen zu lassen. Auf einer sozialpolitischen Konferenz in Lübben sagte sie, solche Pläne gingen weit an den Realitäten vorbei. Die Wirtschaftskrise in den neuen Bundesländern sei keine Sache von einigen Wochen.
Regine Hildebrandt verwies auf die Bonner Koalitionsvereinbarung und Bundesratsbeschlüsse, welche die bisherige Regelung bis Ende 1991 festschreiben und eine Verlängerung ermöglichen. Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsgesellschaften sowie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen müßten maximal genutzt werden, um die Zeit bis zum Aufschwung zu überbrücken. Wichtig sei es, über ABM alle Möglichkeiten für die Fortbildung zu nutzen und die Motivation der Menschen zu erhalten. Als besonders schwieriges Problem bezeichnete die Ministerin die drohende Beschäftigungs- und damit Mutlosigkeit unter der Jugend. In diesem Jahr stünden in Brandenburg für 25.000 Schulabgänger derzeit nur 10.000 Lehrstellen zur Verfügung. Die Landesregierung stehe jedoch zu ihrer Verpflichtung in der Regierungserklärung, jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz, eine Arbeit oder eine ABM-Stelle zu verschaffen. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sollen in Brandenburg ausgeweitet und der Begriff der Gemeinnützigkeit weitergefaßt werden. So will die Ministerin mit ABM- Stellen beispielsweise das Netz sozialer Beratungsmöglichkeiten erweitern.
In Ostdeutschland ist inzwischen fast jede/r Zehnte ohne Job. Im vergangenen Monat stieg die Erwerbslosenquote um 0,3 Prozentpunkte auf 9,5 Prozent. Diese Zahlen veröffentlichte gestern die Zentrale Arbeitsverwaltung in Ost-Berlin. Die niedrigste Erwerbslosenquote in den FNL hält das Land Sachsen (8,3 Prozent), gefolgt von Sachsen-Anhalt und Thüringen (9,3 Prozent), Brandenburg (9,4 Prozent) und Ost-Berlin (11,1 Prozent). Traurige Spitzenreiterposition hält nach wie vor Mecklenburg-Vorpommern mit 12,1 Prozent.
Erstmals übersprang die Zahl der KurzarbeiterInnen die Zwei-Millionen-Marke. Allein im Arbeitsamtbezirk Rostock meldeten rund 175 Betriebe, rund 20 Prozent mehr als im Vormonat, Kurzarbeit an. adn/dpa
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