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High–Tech, Low–Tech - Now–Tech?

■ Arbeitskreis „Informatik und Dritte Welt“ diskutierte an der TU Berlin über Computereinsatz in Entwicklungsländern

Von Johannes Durchrow

Ein rechnerunterstütztes Weltraumprogramm in Indien, Kleinstcomputer als Diagnosehilfe für Landärzte im Tschad oder Ausbildungsprogramme am Rechner statt Dozenten in Zimbabwe sind Facetten des Einzugs der Mikroelektronik in die Dritte Welt. Für die einen bedeutet diese Entwicklung Schlüssel zur unabhängigeren Industrialisierung der Entwicklungsländer. Für andere beschleunigt sie lediglich den Weg in eine größere Abhängigkeit von den Industrieländern. „Computer gegen Armut - Armut durch Computer“, zwei Fragen, über die am Wochenende auf einem Kongreß an der TU Berlin diskutiert wurde. Eingeladen hatte der „Arbeitskreis Informatik und Dritte Welt“, eine Arbeitsgruppe in der Zunftorganisation „Gesellschaft für Informatik“. Der Arbeitskreis ist eher ein Randbereich der Gesellschaft, zumindest wenn man den organisatorischen Aufwand dieser Tagung mit dem der Jahrestagung 86 der Muttergesellschaft im noblen Berliner Congress Centrum vergleicht. Die meisten Teilnehmer der Fachtagung waren Wissenschaftler, Informatiker aus Entwicklungsländern und Mitarbeiter von internationalen Hilfsorganisationen. Schon vor 20 Jahren wurden Computer von der Weltgesundheitsorganisation an Entwicklungsländer verschenkt. Nach und nach hielten sie Einzug zuerst vor allem im Regierungsbereich. Erste Nutznießer der High–Tech waren in den meisten Ländern wie üblich das Militär und die Sicherheitsdienste. Inzwischen gibt es Rechner in vielen staatlichen und zunehmend auch privatwirtschaftlichen Bereichen. Der Erfahrungsaustausch allerdings über den bedürfnisorientierten Computereinsatz war bisher dürftig. Zur Diskussion auf der Tagung stand also nicht die Einführung des Computers, sondern eine Bilanzierung seines Einsatzes. Dazu hatten die Veranstalter 30 Referenten zu drei Themenbereichen eingeladen: Rechner im Ausbildungsbereich, in der Produktion und im Versorgungswesen. Beim Thema „Produktionsbereich“ kamen die unterschiedlichen Standpunkte der Teilnehmer am deutlichsten zum Vorschein. Die unterschiedliche Bewertung des Computereinsatzes war nicht von der Herkunft der Referenten abhängig. Bei Erst– wie Drittweltlern gab es Technikeuphoriker und -kritiker. Ein Mitarbeiter einer bundesdeutschen Entwicklungshilfeorganisation beklagte sogar nach der Tagung, daß die Entscheidungsträger aus Projekten meistens besonders unkritisch mit dem Einsatz von Computern umgingen. Kritik würde nur angebracht, wo etwas technisch noch besser ginge. Problematisch für die Diskussion über bedürfnisorientierten Rechnereinsatz sei das Mißtrauen, mit dem vor allem Afrikaner auf kritische Ansätze reagierten. So würde Zurückhaltung beim Einsatz von High–Tech meistens so interpretiert, daß die erste Welt ihnen die moderne Technik nicht gönne. Der militärische Einsatz von Computern ist immens. Kein Waffensystem ist mehr ohne Mikroelektronik. Neben der weiteren Verschuldung der Entwicklungsländer durch diese High–Tech– Käufe aus Industrieländern gebe es weitere negative Folgen: Die wenigen qualifizierten Fachkräften gingen der zivilen Wirtschaft verloren. Um Lieferschwierigkeiten und Abhängigkeiten zu umgehen, produzierten immer mehr Enwicklungsländer Waffensysteme oder Teile davon im eigenen Land. Produktionsanlagen würden unter militärischen Gesichtspunkten gekauft, selbst wenn sie bei möglicher paralleler Nutzung im zivilen Bereich unrentabel seien. In dem Maße, wie Mikroelektronik die Dritte Welt überschwemmt, müssen dort die gleichen Diskussionen geführt werden wie in den Industrienationen. Um Arbeitsplatzfragen ging es auf dem Kongreß. Die vielfachen Möglichkeiten staatlicher Kontrolle durch Computersysteme und der Bereich Datenschutz wurden jedoch nur am Rande angesprochen.

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