Hexenhatz in Oberfranken

■ Der Auftritt einer feministischen Kabarettistin löste in Oberfranken eine Hexenjagd aus

Pfarrer Reinhold Goldmann von der Sankt– Laurentius–Gemeinde im oberfränkischen Buchbach ist nicht nur ein militanter Abtreibungsgegner, der Gottesmann nimmt auch sonst kein Blatt vor den Mund: als „sogenannte Dame“, als „Dreckschleuder“, die eine „Höchstform der religösen Brunnenvergiftung betreibt“, und als „spinnende Emanze“ titulierte der katholische Seelsorger in der vergangenen Woche die feministische Kabarettistin Elisabeth Möller - und dies in einem Leserbrief des in Bamberg erscheinenden Fränkischen Tag. „Heilige Jungfrau Maria, du hast es geschafft zu empfangen ohne zu sündigen - bitte lehre uns zu sündigen, ohne zu empfangen“, durch diesen Satz aus dem Programm der hannoverschen Kabarettistin mit dem Künstlernamen „Lila Luder“ sah der streitbare Seelsorger „800 Millionen Katholiken in ihren tiefsten religiösen Aussagen verletzt“. Bei der Staatsanwaltschaft in Coburg hat er inzwischen Strafanzeige wegen Gotteslästerung gestellt. Doch in Wirklichkeit sind es andere Passagen aus dem Programm von „Lila Luder“, die den Pfarrer Goldmann so verletzt haben. Die Kabarettistin war auf Einladung der Gleichstellungsstelle des Landkreises Kronach bei den „Kulturtagen für Frauen dort aufgetreten“ und trug seit langem eine von Pfarrer Goldmann im Jahre 1981 verfaßte Fürbitte vor. „Herr gib uns keine Mannweiber, sondern Dienstmägde Gottes“, so zitierte sie in Kronach „zur Heiterkeit des Publikums“ den Pfarrer und bekannten Abtreibungsgegner. „Herr, schenke uns keine egoistischen Frauen mit Anspruch, der Bauch gehört mir, sondern Mütter, die sich opfern,“ fuhr sie im Originalton Goldmann fort. Der Pfarrer sah denn auch in seinem Leserbrief in der Gleichstellungstelle „sogenannte Zuträger“ am Werke, die Spionagedienste für „Lila Luder“ geleistet hätten. Auf Antrag der CDU–Fraktion drückte der Kreisausschuß von Kronach in der vergangenen Woche mit acht zu eins Stimmen sein Bedauern darüber aus, daß in einer vom Landkreis durchgeführten Veranstaltung „blasphemische Formulierungen“ gebraucht worden seien. Die beiden Frauen aus der Gleichstellungsstelle werden anonym bedroht. In dem an der DDR–Grenze gelegenen Örtchen Buchbach wurde gar am Sonntag vor der Kirche ein Scheiterhaufen aufgeschichtet, über dem eine Puppe mit dem Namen der Kabarettistin baumelte. „Das waren Leute, die über Lila Luder empört sind“, so sagt es Pfarrer Goldmann. Angezündetet habe man den Scheiterhaufen aber noch nicht. Jürgen Voges