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■ Heute ist FrauentagVorwärts im Kampf um blödere Frauen!

Der Streit ist wahrscheinlich so alt wie das Patriarchat selbst. Die einen behaupten, Frauen seien die besseren Menschen: „Weil sie flicken, was Männer kaputthauen, weil sie schlichten, wo Kerle sich streiten, weil sie das Überleben sichern, auch in Notzeiten und Kriegen, die Männer untereinander anzetteln. Ein Blick in den Knast beweist, daß auf zehn kriminelle oder gewalttätige Männer ungefähr eine Frau kommt. Und auch die von Staats wegen erlaubten Schweinereien werden fast ausschließlich von Männern betrieben, ob es nun die Konstruktion neuer Atombomben ist oder der Handel mit blutverklebten Diktatoren, die Ausbeutung von arbeitenden Kindern oder die industrielle Umweltverschmutzung.“

Die anderen aber entgegnen hierauf gereizt, daß die Weibschaft der Welt kein bißchen besser sei: „Hat Madame Curie als Erforscherin der Radioaktivität etwa nicht den Grundstein für die Atombombe gelegt? Hat Margret Thatcher nicht mit Diktaturen gehandelt? Ist Indira Ghandi etwa unschuldig an der Kinderarbeit in ihrem Land? Flattern um Frau Henkels Waschmittel lauter Umweltengel?

Und was ist mit den Ehegattinnen, die ihre Männer in unsaubere Geschäfte treiben, um ihren neuen Nerz zu kriegen? Die sitzen nachher nicht im Knast. Oder den Heerscharen deutscher Mädchen und Frauen, die ihrem Führer zujubelten? Die sind später nicht an der Front verheizt worden. Die weibliche Kollaboration bei den Schandtaten des Patriarchats ist ein unendlich dickes Buch, das noch geschrieben werden muß.“

So könnte der Streit endlos weitergehen, denn beide Seiten haben recht. Wenn man in den schwarzen Kapiteln der Menschheitsgeschichte blättert, gibt es zwar weniger Täterinnen als Täter. Aber nicht, weil es beim weiblichen Geschlecht eine Gnade der moralischen Geburt gibt. Wenn es der eigene Sohn ist, unterstützt frau auch noch den schlimmsten Rowdy, wenn es der eigene Mann ist, streichelt sie auch noch den größten Wirtschaftsverbrecher. Sie tut das manchmal, aber keineswegs immer selbstlos, denn etwas vom Glanze des Goldes fällt stets auch auf die Frau des Kolonisators, etwas vom Schimmer des stehenden Heeres läßt immer auch die Generalsgattin erstrahlen.

Frauen sind also ein bißchen bessere Menschen. Sie sind ein bißchen sauberer, weil sie nicht die Möglichkeit haben, so mies und dreckig zu agieren wie Männer. Frauen morden selten selbst, sie foltern so gut wie nie eigenhändig, sie beuten vielleicht gerade mal ihre schwarze Putzfrau aus oder terrorisieren gerade mal ihre Nachbarn. Ihnen fehlt ganz einfach jede Chance, Schweinereien größeren Ausmaßes zu begehen, denn dafür muß man den entsprechenden Posten in den gesellschaftlichen Schaltzentralen besetzen. Frauen sind ein bißchen nettere Menschen, solange sie nicht in allen politischen und wirtschaftlichen Positionen gleichberechtigt vertreten sind. Aber wenn die Gleichberechtigung endlich obsiegt hat, gibt es keinerlei Garantie mehr dafür, daß die Welt unbelästigt bleibt von tausenden weiterer Maggie Thatchers, Golda Meirs, Indira Ghandis, Tanju Çillers, Hilde Benjamins, Margot Honeckers und wie sie alle heißen.

Logische Schlußfolgerung: Wir Frauenrechtlerinnen kämpfen also darum, daß Frauen schlechtere Menschen werden. Vorwärts im Kampf um blödere Frauen! Sieg im Volkskrieg der Zicken, Schreckschrauben und Arschgeigen! Ute Scheub

P.S.: Ganz so schlimm muß es nicht werden. Immer wieder haben Feministinnen die bestehenden Herrschaftsstrukturen als frauenfeindlich und menschenfeindlich gegeißelt und gefordert, diese männlich geprägten Strukturen nicht zu übernehmen, sondern grundsätzlich zu verändern. Bei ihrem Marsch durch die Institutionen sollte frau dieses subversive Erbe im Rucksack nicht vergessen. Das schützt frau auch davor, selbst eine Arschgeige zu werden.

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