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Hetze gegen Duschcontainer

■ CDU-Politiker und „Bild“-Zeitung sind gegen Sanitärcontainer am Zoo / Polizei und DB widersprechen

Kaum wurde am Dienstag der Sanitärcontainer mit Duschen und einer Waschmaschine für junge Obdachlose und Prostituierte am Bahnhof Zoo offiziell eingeweiht, macht die Bild-Zeitung Stimmung gegen das Projekt. „Behördenwahnsinn am Bahnhof Zoo“, titelte sie gestern in großen Lettern. „Waschsalon für Drogenszene“, geiferte das Blatt weiter, „das wird Berlin bereuen“. CDU-Politiker wie der parlamentarische Geschäftsführer Dieter Hapel tuteten in das gleiche Horn: die Errichtung des Sanitärcontainers sei ein „Aufgeben der Politik“, entrüstete sich Hapel. „So kriegen wir die Szene nie weg.“

„Vertreibungspolitik bringt nie etwas“, sagte Wiltrud Schenk vom Gesundheitsamt Charlottenburg zur taz. Das Bezirksamt Charlottenburg finanziert den etwa 114.000 Mark teuren Container (taz berichtete). Auch wenn man es schaffen sollte, die Szene vom Zoo zu vertreiben, so Schenk, würde sie sich nur an andere Orte verlagern. Von einem „neuen Treffpunkt für die Szene“, wie die Bild-Zeitung die Angst vor Obdachlosen und Fixern schürt, kann überhaupt nicht die Rede sein.

Der Sanitärcontainer ist eine Ergänzung zu dem Drogenberatungsbus des Gesundheitsamtes Charlottenburg, der bereits seit fast zwanzig Jahren an der Ecke Jebenstraße/Hertzallee steht. Dort kümmern sich vier Sozialarbeiter in erster Linie um 12- bis 30jährige Straßenkinder, Treber und Konsumenten von harten Drogen. Letztere machen mehr als die Hälfte der Klientel aus.

Siebzig Prozent aller Hilfesuchenden leben nach Angaben von Sozialarbeiterin Birgit in „ungesicherten Wohnverhältnissen“. „Es kommt keiner, der nicht hier verkehrt“, sagt sie. „Natürlich suchen Leute mit Drogenproblemen die Beratungen auf“, sagt Schenk. Doch deshalb könne noch längst nicht von einem „Drogenbus“ die Rede sein. Der Bus und der Sanitärcontainer stünden eben genau da, „wo die Szene ist“ und nicht dort, wo sie „hingelockt“ werden soll. Daß der Container zusätzlich Obdachlose und Fixer anzieht, die dem Image des neu renovierten Bahnof Zoo schaden könnten, glaubt Schenk nicht. „Die Verkäufer sollten sich freuen, wenn die Obdachlosen sauber und nicht verdreckt sind.“

Weder die Polizei noch die Deutsche Bahn AG bestätigen die Panikmache der Boulevardpresse. „Bisher gibt es keinerlei Auswirkungen“, so ein Pressesprecher des Grenzschutzpräsidiums Ost. Weder habe die Beschaffungskriminalität zugenommen, noch habe der Sanitärcontainer mehr Fixer angezogen. Auch die Pressestelle der Deutschen Bahn AG sieht „keinen Anlaß zur Beschwerde“. Barbara Bollwahn

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