Hessens SPD-Chef Schäfer-Gümbel: "Verzicht auf fossile Großkraftwerke"
Primärversorgung durch erneuerbare Energien, Schluss mit Kohle: Thorsten Schäfer-Gümbel will Deutschlands Klimaschutzziele über die Energiepolitik erreichen - "so schnell wie möglich".
taz: Herr Schäfer-Gümbel, die SPD will mit Hilfe einer neuen Kommission ein eigenes Energie-Konzept erarbeiten. Wollen Sie wieder grüner werden?
Thorsten Schäfer-Gümbel, 40, studierte Politikwissenschaften in Gießen. Seit 1986 Mitglied der SPD, seit 2009 Landesvorsitzender in Hessen und Mitglied des Präsidiums der Bundespartei.
Thorsten Schäfer-Gümbel: Es geht nicht um grüner - sondern um zukunftsfähiger. Wir wollen eine nachhaltige Energiepolitik, den Atomausstieg, den Klimaschutz - also am Ende auch den Verzicht auf fossile Großkraftwerke. Unser Ziel muss baldmöglichst die vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien sein. Grün ist Zeitgeist, nicht Zukunft.
Das müssen Sie erklären.
Wir wollen Arbeit und Wertschöpfung in die Regionen zurückholen. Die wettbewerbsstärkste Wirtschaft wird die ressourcensparendste Wirtschaft sein. Wir wollen auch den Wettbewerb fördern, deshalb dezentrale Strukturen schaffen. Die Grünen behandeln Energie als Nischenthema.
Wann wollen Sie die vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien erreichen?
So schnell wie möglich. Wir müssen die Klimaschutzziele über unsere Energiepolitik erreichen. Dafür brauchen wir neben erneuerbaren Energien auch mehr Energieeffizienz und viel mehr Dezentralisierung.
Warum?
Ich bin überzeugt: Die Zukunft gehört den kommunalen Versorgern. So können Energieverluste minimiert werden, die von einem Oligopol geprägten Strukturen in der Energiepolitik überwunden und erneuerbare Energien vor Ort gefördert werden. Die Verantwortung muss zurück in die Regionen. Daran führt kein Weg vorbei.
Ihr Parteichef Gabriel hat vor kurzem gesagt, "ein Green New Deal alleine reicht nicht". Das klang nicht gerade sehr grün.
Gabriel hat Recht. Es geht nicht um ein bisschen Windenergie und ein bisschen Solar fördern. Es geht um einen wirklichen Umbau der Industriegesellschaft. Der ist nur mit der SPD möglich. Zusätzlich brauchen wir größere Anstrengungen bei der Energieeffizienz.
Gibt es neue Kohlekraftwerke?
Kohle im Übergang wird es geben, aber sie muss so effizient wie möglich genutzt werden. Dazu brauchen wir massive Investitionen in die Nachrüstung der Kraftwerke.
Zwei ehemalige SPD-Minister haben dagegen jüngst eine Kampagne für längere Atomlaufzeiten unterschrieben.
Der eine ist nicht mehr in der SPD. Der andere - Otto Schily - ist mit seiner Position nicht als eine erkennbare Minderheit in meiner Partei. Wir wollen Zukunft gestalten und nicht die Vergangenheit betonieren.
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