: Herzzerreißend: Der Mensch und sein Esel
■ Lyrisch, dramatisch, tragisch: Nicht-pädagogische Matinee mit spanischer Dichtung und Musik für Gitarre und Mezzosopran im Monsun-Theater
Er schrieb von tanzenden Zikaden. Von sehnsuchtsvollen Monden, Selbstmord und Geistalabas-ter, in den sich seine Klagen verwandelten – und er war süchtig nach Liedern: den Liedern und Bildern seiner andalusischen Heimat, in der der 1936 von Falangisten ermordete und zu Francos Zeiten totgeschwiegene Federico Garcia Lorca immer wieder nach Ursprünglichem suchte.
Aber er tat das nicht, um es zu verherrlichen – Protagonisten seiner Dramen sind oft Frauen, die in Konflikt mit der starren Tradition geraten –, sondern um schlicht zu bewahren. Lorca dichtete, musizierte, komponierte und war mit Manuel de Falla befreundet, der trotz anfänglicher Skepsis folkloristische Elemente in seine impressionistisch geprägten Werke einbezog. Und Lorca gehört zu den Lieblingsdichtern Kay Krüger-Moths.
Wer das ist? Der Gitarrist, der im Monsun-Theater zusammen mit Mezzosopranistin Sybille Förster eine Matinee mit spanischer Poesie und Musik gestalten wird. Stücke von Lorca, Mario Castelnuovo-Tedesco und Leo Brouwer werden an diesem Morgen zu hören sein, der ausdrücklich nicht als „Konsum-Konzert“ gedacht ist, sondern auch Erklärungen bieten soll.
Lorcas folkloristisch geprägte Musikstücke waren ursprünglichfür Gesang und Klavier geschrieben, die Gitarren-Bearbeitungen stammen von Krüger-Moths selbst; geboten werden Nana de Sevilla, El cafe de Chinitas – übrigens auch der Titel der Matinee – und Sevillanas del siglo XVIII (Sevillana-Tänze des 18. Jahrhunderts). Asuriana und Cancion heißen einige der Stücke aus de Fallas Siete canciones populares espanolas (Sieben spanische Volkslieder), die das Duo im Monsun-Theater präsentieren wird.
Juan Ramon Jimenez' gleichnamiger Erzählung entstammen die Texte zu Mario Castelnuovo-Tedescos Stück Platero y yo (Platero und ich), einer schwer herzzerreißenden Geschichte der Symbiose von Esel Platero und seinem Besitzer, die zu Herrchens grenzenloser Bestürzung ein gar tragisches Ende nimmt. Und obwohl Sybille Förster an diesem Morgen sämtliche Lieder in der Orginalsprache singen wird, ist das Publikum dem spanischen Idiom selbstverständlich nicht hilflos aussgeliefert: Die deutschen Übersetzungen wird die Mezzosopranistin zwischen den Darbietungen vortragen und ein bis anderthalb Hintergrundinformationen zu den Texten, sodass sich niemand mit diffus-angerührtem Lauschen zu begnügen braucht.
Und dass die eher folkloristische Musik Lorcas manchmal mit seinen hochdramatischen Texten kollidiert, glaubt Krüger-Moths nicht: „Lorca hätte die Diskrepanz zwischen tragischen Motiven und folkloristischer Musik nicht als störend empfunden. Mir gefällt an Lorcas Texten, dass sie nicht so akademisch sind“, sagt er noch. Und pädagogisch wollen Kay Krüger-Moths und Sybille Förster schon gar nicht sein: „Interessant ist das breite Gestaltungsspektrum, das wir durch die Gitarre-Gesang-Kombination haben: Wir können Geschichten erzählen, dabei kraftvoll oder verhalten modellieren, ohne uns auf den in Mitteleuropa allgemein als klangschön definierten Klang zu beschränken“, sagt Sybille Förster. „Einige der Lieder zeigen deutliche Spuren von Flamenco-Weisen, in denen die SängerInnen ganz anders mit ihrer Stimme umgehen, als es in der europäischen klassischen Musik Usus ist.“
Sybille Förster reizen Lieder, in denen die Stimme fast zu brechen scheint, ohne dass sie behaupten könnte, diese Technik zur Perfektion getrieben zu haben: „Ich kann mich solchen Gesangstechniken nur verhalten und voller Respekt annähern.“ Behaupten, dass sie es den Flamenco-Sängerinnen gleichtun könnte, würde sie allerdings nie. ps
Sonntag, 11 Uhr, Monsun-Theater
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