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Herz für Minderheiten

■ Hans-Jörg Butt spielt nur 1:1 gegen den VfL Wolfsburg

Der Hamburger SV hat ein Herz für Minderheiten. Vor der Partie gegen den VfL Wolfsburg am Sonnabend wurden im Volksparkstadion Handzettel verteilt, betitelt: „Wir sind es leid!“. Vorstand, Mannschaft samt Trainer, Supporters und Fanbeauftragte sprachen sich gegen Gewalt, Rassismus und Extremismus im Stadion aus. Die Arena soll nicht länger ein Sammelbecken Rechtsradikaler sein. Man werde von jetzt an auch von dem Recht Gebrauch machen, Stadionverbote auszusprechen. Im Volkspark sei jeder Besucher willkommen, unabhängig von Hautfarbe und Religion.

Doch nicht nur auf den Rängen, sondern auch auf dem Rasen entdeckten die Hanseaten ihre Vorliebe für Randgruppen. So durfte einer, der sich sonst nur am Rande des Spielfelds aufhält, den Rasen überqueren und schießen. Hans-Jörg Butt verließ seinen angestammten Platz im Gehäuse der Hamburger und brachte mit einem satten Schuß das Netz hinter Claus Reitmeier zum Erzittern.

Dem vorausgegangen war ein Pfiff von Schiedsrichter Wagner, der alles in allem keine gute Leistung zeigte. Nachdem er ein Foulspiel von Kovacevic an Grubac vermutet hatte, zeigte er sofort auf den Elfmeterpunkt. Und so kam HSV-Keeper Butt zu seinem großen Auftritt. „Nicht nachdenken, Ball hinlegen, anlaufen und rein“, verriet Butt nach dem Spiel sein bewährtes Rezept. Schon bei seinem vorherigen Verein VfB Oldenburg konnte der Keeper sich in die Torschützenliste eintragen; sechs von sieben Elfmetern hatte er verwandeln können. Wenn er gegen den VfL nicht in der letzten Spielminute noch überwunden worden wäre, hätten ihn seine Mitspieler wohl vom Platz getragen. Doch in der neunzigsten Spielminute ließ Andreas Fischer seinen Gegenspieler Steffen Baumgart entwischen, und der Keeper mußte das Leder passieren lassen.

Erst knapp eine Viertelstunde vor dem Abpfiff eingewechselt, klaute der ehemalige Pagelsdorf-Schützling seinem Entdecker doch noch zwei Punkte, und das, obwohl er seit Freitag nachmittag nicht mehr geschlafen hatte: In der Nacht zum Sonnabend war er stolzer Vater eines Jungen geworden, und zehneinhalb Stunden später gelang ihm der wichtige Ausgleichstreffer. „Zwei Volltreffer - und einer schöner als der andere“, freute sich der frischgebackene Kindergeldempfänger nach der Partie.

„Wir müssen mit diesem Unentschieden zufrieden sein“, erkannte der eingewechselte Dimitrios Grammozis degegen eher emotionslos, und teilte diese Meinung mit seinem Trainer Frank Pagelsdorf. „Die Wolfsburger haben sich den Punkt in der zweiten Halbzeit redlich verdient“, so der Coach, „denn meine Mannschaft ist zum Schluß nur noch auf dem Zahnfleisch gekrochen.“

Stefanie Pape

Hamburger SV: Butt, Ernst, Hertzsch, Panadic, Hollerbach (ab 46. Jepsen), Groth, Fischer, Gravesen, Dembinski, Yeboah, Kirjakov (ab 26. Grubac, ab 63. Grammozis)

VfL Wolfsburg: Reitmeier, O'Neil, Kovacevic, Kryger, Akonnor, Dammeier (ab 46. Greiner), Kapetanovic (ab 72. Baumgart), Nowak, Reyna, Juskowiak, Präger (ab 77. Stammann)

SR: Wagner - Z.: 22.000

Tore: 1:0 Butt (38., Foulelfmeter), 1:1 Baumgart (90.)

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