piwik no script img

Hertha BSC hat Schwierigkeiten mit dem Kopf

■ Nach dem glorreichen Champions-League-Erfolg über den AC Mailand schaffen die Berliner in der Bundesliga gegen einen kläglichen VfB Stuttgart wieder nur ein karges 1:1

Wo momentan die Prioritäten liegen, in der Bundesliga oder in der Champions League, weiß bei Hertha BSC niemand so genau. Bundesliga, sagt der Verstand, Champions League, sagt das Herz. Die Oberhand hat derzeit eindeutig das Herz. Während das Team in der Champions League top ist, gehen in der Bundesliga regelmäßig wertvolle Punkte verloren, die am Ende bitterlich fehlen könnten, wenn die Europacup-Plätze für die nächste Saison vergeben werden.

Zum Beispiel am Samstag gegen einen VfB Stuttgart, der vor 40.219 Zuschauern im Olympiastadion überaus harmlos auftrat und dennoch mit einem 1:1 nach Hause fahren durfte. Die ballorientierte Gegnerdeckung des VfB-Trainers Ralf Rangnick funktionierte nicht gut genug, um gefährliche Hertha-Angriffe über die linke Seite, inklusive des 1:0 durch Wosz (29.), zu verhindern, im Angriff waren die Bemühungen der Stuttgarter geradezu jämmerlich. „Die haben sich doch keine einzige Torchance herausgespielt“, zeterte Hertha-Coach Jürgen Röber nach dem Match.

Der Grund, warum die Berliner trotzdem nicht gewannen, hatte einen Namen: Kostas Konstantinidis. „Er hätte das Spiel entscheiden können und hat es dann ja auch entschieden“, sagte Röber sarkastisch. Kurz nachdem der Grieche allein vor VfB-Keeper Wohlfahrt gescheitert war, kassierte er in der 54. Minute die Gelb-Rote Karte, weil er erst gemeckert und dann ein absurdes Foul in Gegners Hälfte begangen hatte. „Das ist so eine Dummheit“, wetterte Röber, der nicht wusste, ob er sich mehr über die entgangenen Punkte oder den unnötigen Kräfteverschleiß vor dem morgigen Champions-League-Heimspiel gegen Galatasaray Istanbul ärgern sollte.

Anstatt das 1:0 gegen einen indiskutablen Gegner im Schongang über die Runden zu bringen, sah sich die nach dem Spiel gegen den AC Mailand am letzten Mittwoch kräftemäßig schwer geschlauchte Hertha plötzlich in die Defensive gedrängt. Den Stuttgartern fiel zwar immer noch nichts ein, aber im Dauerdruck mussten, um für Entlastung zu sorgen, vor allem Rekdal, Preetz und Daei plötzlich „laufen ohne Ende“ (Röber), alles Spieler, die er morgen gern topfit auf dem Platz hätte. Den Rest gab Röber der glückliche Ausgleich, den Carnell nach einem Tumult im Hertha-Strafraum (81.) erzielte.

„Es wäre gut, wenn wir am Dienstag schon durch wären“, seufzte der Hertha-Trainer in Hinblick auf die Champions League. Dann könnte man sich endlich mal auf die Bundesliga konzentrieren und, anstatt sich nur um die Stimme des Herzens zu kümmern, zur Abwechslung den Kopf wieder ins Spiel bringen. Matti Lieske

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen