Hersteller des Blackberry: "Business-Brett" gegen iPad
Die Nutzung der E-Mail-Handys der Marke RIM lässt zugunsten von Smartphones nach. Nun soll ein eigenes Tablet für Geschäftsleute Marktanteile zurückgewinnen.
Das kanadische Unternehmen RIM wird in dieser Woche ein neues Tablet auf den Markt bringen, das Apples iPad und den sich in den letzten Monaten stark vermehrenden Android-Tablets Konkurrenz machen soll. Das "Playbook" ist als Gerät für Geschäftsleute gedacht: Die sollen neben der E-Mail-Nutzung auf dem Blackberry von RIM auch Websites betrachten können und Medieninhalte sehen.
Dazu hat der Hersteller einen schnellen Prozessor samt Grafikchip eingebaut und will auch die Multimedia-Technik Flash unterstützen. Das Playbook ist kleiner als andere Tablets: Nur sieben Zoll misst der Bildschirm, während Apple knapp zehn Zoll nutzt. Somit soll das schwarze Kästchen leichter tragbar sein und auch in eine Handtasche passen.
RIM hat gegenüber den in letzter Zeit mit diversen Innovationen auf den Markt gekommenen Smartphone- und Tablet-Anbietern wie Apple (iPhone, iPad), Samsung, LG oder Motorola (Galaxy, Optimus, Xoom) einiges aufzuholen. Trotz diverser neuer Geräte gelang es den Kanadiern bislang nicht, im neuen Markt der Multimedia-Maschinen anzukommen, der Firma haftet nach wie vor das Image des E-Mail-Handy-Herstellers an. Die ersten Gerüchte über das Playbook gab es bereits im Sommer des Jahres 2010, die offizielle Ankündigung folgte im September.
Allerdings waren die erste Testberichte, die in den letzten Tagen in den USA erschienen, nur mittelmäßig. Unter anderem wurde kritisiert, dass die Software teilweise instabil sei und sich anfühle, als sei sie recht schnell fertiggestellt worden. Außerdem hält sich das Angebot an Apps, die es für das Playbook mit seinem komplett neuen Betriebssystem gibt, derzeit in engen Grenzen. Die Möglichkeit, ältere Blackberry-Apps zu nutzen, soll es ebenso geben wie angepasste Android-Anwendungen - doch wie das alles genau funktionieren wird, ist bislang noch unklar.
Kurze Akkulaufzeiten
Kritik hagelte es auch wegen der Tatsache, dass dem Playbook eine eigene E-Mail- und Messaging-Funktion fehlt. Sie lässt sich entweder nur per Webbrowser erreichen oder in Form einer Anwendung namens "Bridge", die das Playbook mit einem regulären Blackberry-Handy verknüpft. RIM versucht damit offenbar, mit dem Tablet am eigenen E-Mail-Handy-Marktsegment vorbeizuproduzieren.
Doch die Nutzer, die wissen, dass ein Playbook ausreichend Leistung für simple E-Mails hat, verwirrt das nur - zumal "Bridge" echnisch nicht ganz ausgereift zu sein scheint. IT-Kolumnist Walt Mossberg vom Wall Street Journal schrieb, das Playbook sei vor allem für bestehende Blackberry-Nutzer interessant, solange RIM diese Politik nicht ändere. Kritik gab es auch an der Akkulaufzeit, die kürzer sein soll als etwa beim iPad.
Das RIM-Management gibt sich gegenüber Kritikern dünnhäutig. Die beiden Firmenchefs Jim Balsillie und Mike Lazaridis verteidigten das Gerät in den Medien und griffen die Kritiker an. "Ich halte das nicht für fair", sagte Balsillie etwa im US-Fernsehen zur Kritik an der fehlenden E-Mail-Funktion. Viele Nutzer wünschen sich "eine sichere und kostenlose Erweiterung" ihres Blackberry.
"Kostenlos" ist dabei wohlgemerkt nur die Verbindungssoftware, Blackberry und Playbook kosten extra. Co-Chef Lazaridis wiederum will mit der "ultraportablen" Größe des Tablets werben. Die sorgt allerdings auch dafür, dass der Bildschirm kleiner ist als beim iPad. Für Lazaridis ist das kein Problem, weil man das Playbook so auch "länger in der Hand halten" könne.
Noch ist unklar, wie der Markt auf das neue "Business-Brett" reagiert. Offizieller Verkaufsstart ist in dieser Woche, Nutzer außerhalb der USA müssen noch warten, einen Termin für Europa gibt es noch nicht. Immerhin ist das Playbook verhältnismäßig günstig: Ab 499 Dollar für 16 Gigabyte Speicher geht es los. Eine Mobilfunkfunktion hat das Tablet nicht, es verfügt nur über eine WLAN-Anbindung. Ein wirklich mobiles Playbook soll erst im Sommer folgen.
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