: Herrschende Meinung
■ Zum Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach
Nicht in den Parlamenten, sondern in den Gerichtssälen wird die Reform des § 218 demontiert. Einen Sieg nach dem anderen erringen die konservativen Scharfmacher, kommt der Streit um die Abtreibungspraxis vor Gericht. Wer aufsteigen will im Richteramt, muß nach der „herrschenden Meinung“ sprechen - und die schreibt die Gegnerschaft zu jeglicher liberaler Tendenz vor. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach gegen die Stadt Nürnberg paßt sich hier nahtlos ein. Danach liegt ein Verstoß gegen unsere Verfassung vor, wenn im Ausschreibungstext für die Chefarztpositionen des Nürnberger Krankenhauses verlangt wird, auch Abtreibungen vorzunehmen. Um dies zu begründen, muß Artikel 33,2 des Grundgesetzes herhalten. Die Kunst der formalen Urteilsbegründung haben Verwaltungsrichter schon immer beherrscht, dieser treibt es auf die Spitze. Unter „Qualifikation“ versteht er nur Zeugnisse. Legte man noch andere Kriterien an, würden bestimmte Bewerbergruppen ausgeschlossen, eben jene Ärzte, die „sich ethisch und moralisch nicht imstande sehen, Abtreibungen vorzunehmen“. Entscheidend ist jetzt das Verhalten der Kommunalpolitiker in Nürnberg. Sind sie weiterhin offensiv und setzen die beiden Chefärzte in ihr Amt ein, so haben sie trotz der Niederlage vor Gericht einen Sieg über CSU, katholische Kirche und konservative Richterschaft errungen. Zögert die Nürnberger SPD dagegen und läßt sich auf den Rechtsweg ein, ist die Niederlage gewiß. Gunhild Schöller
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