: Helmut Kohl vereitelte Deal mit der RAF
■ Der Vermittler Christian Ströbele bestätigt Kontakte mit Edzard Reuter und Ignatz Bubis
Berlin (taz) – Der Berliner Rechtsanwalt Hans-Christian Ströbele hat gegenüber der taz seine Bemühungen um eine Vermittlung zwischen Staat und RAF bestätigt. Die Initiative, die auch von Daimler-Benz-Chef Edzard Reuter und dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, unterstützt wurde, war nach den Worten Ströbeles praktisch aber schon vor ihrer Veröffentlichung durch die RAF-Gefangene Brigitte Mohnhaupt gescheitert.
Angesichts der stagnierenden Initiative des früheren Justizministers Klaus Kinkel für eine vorzeitige Haftentlassung einzelner RAF-Gefangener habe er „auf unkonventionellen Wegen“ versucht, den Entspannungsversuch zwischen Staat und der RAF erneut anzustoßen. Die Idee, Edzard Reuter und Ignatz Bubis anzusprechen, stamme von den in Celle inhaftierten Gefangenen Lutz Taufer, Karl-Heinz Dellwo und Knut Folkerts. Die drei Gefangenen seien davon ausgegangen, daß insbesondere Reuter ein eigenes Interesse haben mußte, eine erneute Eskalation zu verhindern. Es hätte sich aber herausgestellt, daß selbst der Einfluß der Industrie in Bonn nichts bewegen konnte.
Wie Ströbele erklärte, hätten seine Gesprächspartner ihm mitgeteilt, daß es „auf höchster politischer Ebene“ keine positive Reaktion gegeben habe. Im Wissen um den in der Nähe der RAF plazierten V-Mann Klaus Steinmetz habe man offenbar ausschließlich auf Fahndungserfolge gesetzt. Der Bundeskanzler habe Bubis auch geraten, auf einen geplanten Besuch bei den Celler Gefangenen zu verzichten.
In der Rheinischen Post bestätigte gestern Ignatz Bubis, daß nach dem Anschlag auf den Gefängnisneubau in Weiterstadt ein Anwalt mit der Bitte um Vermittlung an ihn herangetreten sei. Da er sowohl das Vertrauen der Bundesregierung als auch das der einsitzenden Häftlinge genieße, sei er gebeten worden, sich einzuschalten. Bubis: „Ich habe gesagt, daß ich das nur dann tun werde, wenn tatsächlich alle Beteiligten das wollen und wenn damit dem Terror ein Ende gesetzt wird.“ Bubis konnte sich eigenen Angaben zufolge der Unterstützung von Bundesaußenminister Klaus Kinkel und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger versichern. Er habe jedoch die Ansicht von Kanzler Kohl wissen wollen. Nach der Schießerei in Bad Kleinen habe Kohl befunden: „Wissen Sie, solange Bad Kleinen nicht aus der Welt ist, sollte man das zurückstellen.“ Daraufhin habe er, Bubis, dem Anwalt mitgeteilt, er sehe im Moment keine Chance und ziehe sich zumindest zu diesem Zeitpunkt zurück.
In Bonn verkündete gestern Regierungssprecher Norbert Schäfer lapidar, die Bundesregierung verhandele nicht mit Terroristen. Es gebe keine Sonderrechte für Häftlinge aus der Rote Armee Fraktion. Interview Seite 10
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