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Heller als tausend Wonnen

■ Das Glitzern der Produktwelt: Die Galerie Neu eröffnet ihre neue Galerie mit Daniel Pflumms Loops in eigener Sache

Ein roter Kasten leuchtet weithin sichtbar auf dem Dach. Ansonsten könnte man sich leicht in der Adresse irren: Auf der rechten Seite der Philippstraße reihen sich die üblichen Mietsblöcke auf, am hinteren Ende beginnt das Areal des Charité-Krankenhauses. Wie also macht man eine Galerie in einem solchen Umfeld kenntlich? Mit einem Logo. Und welcher Künstler wäre für eine solche Werbemaßnahme besser geeignet als Daniel Pflumm?

Spätestens seit der Berlin Biennale sind die Leuchtkästen und Videoarbeiten des 1968 geborenen Pflumm ein Markenzeichen für die neue Berliner Kunstszene, der Klaus Biesenbach den nicht eben raffinierten Namen „Children of Berlin“ gegeben hat. Nun schreitet die Korporatisierung weiter voran: Neben dem roten Werbeträger auf dem Dach hat Pflumm in die blendend weißen Räume, in die die Galerie Neu gerade umgezogen ist, eine Zusatzwand eingebaut, in deren Mitte auf einem Fernsehbildschirm unentwegt Produkte vorbeiflimmern. Die Wege zur Kunst führen an diversen Reklameclips entlang: Zahnbürsten werden prüfend mit dem Daumen zurechtgebogen, Spee-Packungen strahlen monochrom in Rotgelbblau, und computeranimierte Fairy-Tabletten lösen sich in supersauberem Geschirrspülmaschinenwasser auf. Die Produktwelt glitzert heller als tausend Sonnen und ordnet sich doch immer wieder bloß dem einen Trademark-Faktor bei: „Neu“ ist die Seife, „Neu“ sind Waschpulver und Deodorants. Unter all diese Bilder hat der Wiener DJ Kotai einen spröden elektronischen Beat gelegt, der ab und an von einem Flötensample aus „Peer Gynt“ begleitet wird. Nach etwa dreieinhalb Minuten hat man verstanden: „Neu“ tanzen auch die beiden Galeristen als Miniaturen in der linken unteren Bildecke.

Wie Club ist Kunst? Nachdem Pflumm bereits mit seinen Installationen in der INIT-Bar oder dem Hamburger Bahnhof die Warenwerdung der Party- und Eventkultur kommentiert hatte, führt er die Ironie nun auch im Galeriekontext fort. Während Besucher zur Eröffnung gleich missmutig auf das Spiel mit dem Product Placement reagiert hatten, scheint sich Pflumms Interesse an werbetauglichen Images viel eher auf der Höhe von Institutionskritik zu bewegen. Der Künstler ist ja nicht bloß PR-Agent für die Galeristen, sondern Stratege in eigener Sache. Ein Kunstwerk ist nicht Spiegel der Seele oder Fenster zur Welt, sondern ein Prestigeobjekt, an dem sich die Distinktion seines Besitzers ablesen lassen soll. Im Falle der Arbeiten von Pflumm allerdings wird der private Sammler, die Galerie oder das sammelnde Museum selbst zur Werbefläche.

Diese Umwertung von ästhetischem Feinsinn durch die alltägliche Bildproduktion reizt Pflumm mit seinem Video in allen Variationen aus. Zugleich spiegeln sich in reduzierten und stets abstrakten Pattern vor allem die spärlich eingesetzten künstlerischen Mittel wieder: Aus der Fülle an Computerschnipseln wählt Pflumm Sequenzen aus, deren Bewegungsabläufe er knapp bis an die Grenze des Stillstands loopt. Die Marken ändern sich zwar mit den beats per minute, statt rauschender Bilder sieht man aber nur ein leichtes ornamentales Schweben. Das ist dann doch sehr viel verführerischer als das Lächeln von Dr. Best. Harald Fricke ‚/B‘Bis 26. September, Di. bis Sa. 11 bis 18 Uhr, Galerie Neu, Philippstraße 13.

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