■ Berichtigung: Heitmeyer-Interview
Berlin (taz) – Durch redaktionelle Kürzungen sind in dem Interview mit Prof. Heitmeyer in der Samstagausgabe der taz dessen Aussagen zum Teil in ihr Gegenteil verkehrt worden. Wir bitten um Entschuldigung.
Auf die Frage, „Können Sie einem Politiker, der Sie um Rat bittet, politische Konzepte gegen den Ruck nach rechts anbieten?“, sagte Heitmeyer ungekürzt dies: „Ich kann nur eine ganz globale Formel anbieten: Es geht zunächst darum, genau hinzuschauen, wo sich berufliche, soziale, politische und emotionale Desintegrationsprozesse vollziehen. Wenn Menschen aus gewohnten Beziehungen herausfallen, dann suchen sie sehr schnell nach Reintegrationsformen, also nach Möglichkeiten, wieder dazuzugehören. Drei gefährliche Strategien werden da derzeit diskutiert: erstens die Integration durch eine Ausweitung des Marktes. Das bedeutet, daß man eine Radikalisierung der kapitalistischen Marktgesellschaft befürwortet, eine Anheizung der Produktion, in der Hoffnung, daß sich jeder durch effektive Arbeit in der Konkurrenzgesellschaft seine soziale Plazierung erkämpft. Selbst wenn eine solche Strategie ökonomisch funktionierte, was ich nicht glaube, denn die dazu notwendigen Wachstumsraten sind unerreichbar, ergäben sich immense soziale Folgekosten. Als zweiter Ausweg wird auf eine strengere Erziehung und Kontrolle gesetzt. Aus unserer neuen Untersuchung geht ganz deutlich hervor, daß strenge Erziehung und Gewalt ganz eng miteinander zusammenhängen. Wir finden aber auch eine zweite brisante, gewaltträchtige Konstellation, nämlich dort, wo inkonsistentes Erziehungsverhalten dominiert, wo Beliebigkeit Trumpf ist. Ein autoritäres Durchgreifen ergibt hier keine Abhilfe, sondern es geht um Klarheit von Normen und vorgelebten Werten. Das dritte Konzept verfolgt Reintegration durch Ausschluß – also Grenzen dicht und weiter mit der Politik der Nichtanerkennung der hier schon lebenden Ausländer. Das ist zweifellos die gefährlichste Variante.“
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