: Heitere Miniaturen
Keineswegs nachtschwarz: Riedlbergers filmmusikalische Collagen zu später Stunde im Brauhauskeller
Der Brauhauskeller mit seinem leicht schlampigen Charme ist ein idealer Ort für Konzerte zu fortgeschrittener Stunde und in intimer Atmosphäre, ebenso gut geeignet für experimentelle Avantgarde-Klänge wie gepflegten Cooljazz oder kammermusikalische „Neutönerei“.
Zu hören war am späten Samstagabend kurz vor 23 Uhr allerdings etwas ganz anderes. Der seit Mitte der 90er in Bremen lebende Komponist (und Flötist) Christoph Riedlberger bot mit seinen elf Stücken eher eine filmmusikalische Collage, in der die Stimmungen keineswegs so nachtschwarz waren, wie es nahe gelegen hätte.
Im Gegenteil. Die meisten der Stücke transportierten eine beschwingte Heiterkeit, die der feuchten Dunkelheit draußen munter trotzte. Stilistisch bedient sich Riedlberger dabei vor allem aus Quellen wie Tanzmusik (Tango, Walzer) und einer imaginären Folklore. Aber wie er diese Versatzstücke montiert und kombiniert, macht den Reiz seiner melodienseligen Miniaturen aus. Er schichtet die melodischen Fragmente übereinander, verschiebt sie gegeneinander oder stellt sie in wechselnden Kombinationen einander gegenüber.
So entwickeln sich scheinbar ganz nebenbei auch interessante rhythmische Effekte. Oft wirkten die meist gerade fünf Minuten langen Stücke wie ein raffiniert gewürztes Gericht, es fällt schwer, die einzelnen Geschmacksnoten zu bestimmen – obwohl man das Gefühl hat, sie zu kennen. Daneben entfalteten die Stücke eine visuelle Kraft, unwillkürlich liefen beim Zuhören kleine Filme im Kopf ab, Rhythmus und Melodie setzten sich in Bilderfolgen um, die wie Wolkenfelder ständig ihre Gestalt veränderten.
Kongenial umgesetzt wurden die Kompositionen Riedlbergers von Uli Bösking an der Geige, Eckhard Petri am Altsaxofon, Gisela Fischer am Akkordeon und Jens Piezunka am Kontrabass. Es schien den MusikerInnen ausgesprochenen Spaß zu bereiten, die kleinen Miniaturen zu präsentieren. Dem Publikum im gut besuchten Brauhauskeller bereitete das kurzweilige spätabendliche Intermezzo ebensolchen Spaß.
Arnaud
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