■ Kommentar: Heißes Eisen
Schläge sind Schläge, entwürdigende Strafen sind entwürdigende Strafen. Auch dann, wenn sie weit weg in einem Jugendprojekt vermutet werden, dessen Inanspruchnahme für geplagte Jugendpolitiker als Ausweg aus der hiesigen Alternative gesehen wird. Denn die heißt angeblich: geschlossene Heime oder Ärger mit Crash-Kids.
Der Erkenntnisstand, mit dem die Jugendbehörde ihre jetzige Entscheidung, Kinder aus Kuttula wieder wegzunehmen, begründet, ist nicht neu. Bereits im Sommer war es „nicht auszuschließen“, daß die jungen Bewohner des Jugenddorfs geschlagen und mit herben Strafen traktiert werden, nachdem drei von dort weggelaufene Jugendliche und ein Elternpaar, das dort gelebt hatte, und eine Erzieherin davon berichtet hatten.
Im Sinne einer Politik, die das Wohl der Kinder und Jugendlichen im Auge hat, hätte man also schon vor sechs Monaten nach alternativen Unterbringungen suchen sollen. Denn das Risiko, daß die Kids unwürdig behandelt werden, bestand damals wie heute.
Nun mahlen Behördenmühlen bekanntlich langsam, und der Schritt des Jugendamtes ist dennoch zu begrüßen: besser jetzt als nie. Nur bleibt nach der Affäre Kuttula ein schaler Nachgeschmack. Wurde doch deutlich, daß das Binnenklima dieser Behörde von Einschüchterung nicht frei ist. Es war ein Berliner Sozialarbeiter, der die Voreiligkeit der ersten positiven Kuttula-Stellungnahme kritisierte. Hamburger Sozialarbeitern wäre ein derartiges öffentliches Nachdenken über das „heiße Eisen“ Kuttula nicht über die Lippen gekommen. Wie der taz bekannt wurde, fürchteten manche sogar um ihren Job. Sowas ist traurig. Sowas muß aufhören. Kaija Kutter
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