Heimsieg gegen Bielefeld am Millerntor: St. Paulis frühe Bescherung
Mit einem 3:0-Sensationssieg gegen Zweitliga-Spitzenreiter Arminia Bielefeld geht der FC St. Pauli hoffnungsfroh in die Winterpause.
Die Höhe des Sieges und die Erleichterung darüber, die kurze Winterpause nicht auf einem Abstiegsplatz, sondern im halbwegs gesicherten Mittelfeld zu verbringen, ließ die Spieler ausgelassen über den Rasen tollen, wobei die nach Spielschluss aufgesetzten Regenbogen-Weihnachtsmützen – mit starker antihomophober Botschaft, aber schwacher ästhetischer Komponente – dazu beitrugen, dem wilden Treiben eine groteske Note zu verleihen.
Coach Jos Luhukay, sonst eher unterkühlt und kein Freund von Pathos, formulierte auf einmal wohlig warme Weihnachtssätze, die mit „mein Trainerherz ist froh“ begannen und dem überschwänglichen Lob seiner Mannschaft – die er zuvor oft harsch kritisiert hatte – endeten. Eine „Top-Leistung“ seines Teams habe er gesehen, „ein starkes Kollektiv mit überragenden Einzelspielern“.
Beste Saisonleistung
In der Tat hatte die Mannschaft im mit 29.546 ZuschauerInnen ausverkauften Millerntor soeben ihre beste Saisonleistung auf den Platz gebracht. Schon nach drei Minuten hatte Henk Veerman seine 1,99 Meter in die Luft geschraubt, um den Ball zur frühen Führung einzuschädeln, 22 Minuten später war der niederländische Stürmer nach einem Pass von Victor Gyökeres mit dem Fuß zur Stelle gewesen. Dem 21-jährigen Schweden blieb es vorbehalten, schon nach 54 Minuten den Ball zum 3:0-Endstand in die Maschen zu schieben.
Die Bielefelder hatten während der gesamten Partie versucht, ihre erste Auswärtsniederlage mit wütenden Angriffen zu verhindern, deren Ausbeute aber nicht mehr als ein Pfostentreffer kurz vor Spielschluss war.
Dass Luhukay so „unglaublich froh“ war über den Sieg seiner Mannschaft, liegt auch daran, dass der Trainer in der nun abgelaufenen Hinrunde mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen hatte. Weil während der gesamten bisherigen Spielzeit immer rund ein Dutzend Spieler verletzt waren, setzte der Trainer insgesamt 33 Spieler in den 18 Partien ein – mehr als jeder andere Coach in einer der Topligen Europas.
Die immer neu zusammengewürfelte Mannschaft musste sich jedes Mal neu finden, Konstanz war deshalb seit vergangenem Sommer ein Fremdwort am Millerntor. Der bisherige Saisonverlauf für den FC St. Pauli erinnert eher an eine Achterbahnfahrt. In den ersten fünf Spielen starteten die Hamburger stets furios, kassierten jedoch stets späte Gegentore und landeten mit magerer Punktausbeute zwischenzeitlich auf Abstiegsrang 17.
Der Sieg gegen den HSV brachte zunächst die Wende
Mit dem überraschenden 2:0-Heimsieg gegen den Lokalrivalen und Tabellenführer HSV gelang die Wende: Sechs Spiele ohne Niederlage brachten den Kiezclub auf Rang fünf der Tabelle und damit in die Nähe der Aufstiegsplätze. Die Hamburger schafften es nun endlich ihr offensiv geprägtes Spiel nicht nur 65, sondern 90 Minuten auf den Platz zu bringen.
Doch auf die Euphorie folgte der Absturz: Sieben Zweitligapartien ohne einen Sieg gaben den ZuschauerInnen das Gefühl, die Mannschaft habe das Fußballspielen verlernt. Luhukay geriet unter Druck. Von Platz 15 aus begann nun vergangene Woche der erneute Aufstieg. Doch während der 3:1-Heimsieg gegen den Vorletzten SV Wehen Wiesbaden erst durch einen Doppelschlag kurz vor dem Abpfiff und damit recht glücklich zustande kam, überzeugten die Spieler gegen Bielefeld am Samstag nun über die volle Distanz.
So schaut Luhukay nach dem versöhnlichen Jahresabschluss optimistisch auf die Rückrunde voraus: „Wenn alle Spieler wieder zurückkommen, dann sieht die Zukunft richtig gut aus“, orakelte der Holländer am Samstag nach dem Spiel. „Wir werden aus der Mannschaft in den kommenden Monaten noch viel herausholen und so manches Fußballfest erleben.“
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