Städter sind einfach nicht romantisch: Heimliche (Aus-)Eiszeit
Da hat sich mein Nachbar doch glatt darüber aufgeregt, dass am Montag in Bremen gar nix mehr ging - wegen dem Eis überall. Er meckerte über Leute, die „so Salz“ streuen oder diesen „Scheißsand“. Von realen Hundeexkrementen mal abgesehen, die auf gefrorenem Trottoir wie Eishockey-Pucks schlittern. Ha!, dachte ich so bei mir, das ist doch gar nichts und schwelgte heimlich in Erinnerungen ans Wochenende, das ein zwanghaft verlängertes war: Nämlich im idyllischen Ostfriesland. Hätte ich dem echauffierten Nachbarn von Schlittschuh laufenden Pferden erzählt oder rodelnden Hunden, die ihre in Ostfriesennerze eingemummelten Frauchen über einsam in weitläufiger eiserstarrter Landschaft liegende spiegelnde Seen ziehen, vorbei an verwaisten Kuhweiden und vorbei an Tee (mit viel Rum) trinkenden Eisanglern, der wäre doch vor Entsetzen glatt hintenüber gekippt, dieser verkappte Städter - auch ohne Eis! Der hätte auf meine Schwärmereien doch nur erwidert: „Nee, also die Stille und Abgeschiedenheit, das könnt‘ ich nicht ertragen.“ Vor Abscheu geschüttelt hätte der sein mit urbaner Weisheit angefülltes Haupt. Und ich: Dumm da gestanden hätte ich! Also hab‘ ich nur gesagt: „Scheiß‘ kalt war‘s!“
DAB
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