"Heimattreue Deutsche Jugend": Nazinachwuchs bleibt uniformiert
Trotz des Verbots vom Bundesinnenministeriums präsentiert sich die "Heimattreue Deutsche Jugend" auf ihrer Website in Uniform und mit Logo. Die Polizei schaut weg.
![](https://taz.de/picture/401047/14/hd_b_01.jpg)
HAMBURG taz Im Schnee beim Fahnenappell stehen die Kinder und Jugendlichen stramm. Eine Stimme aus dem Off sagt: "Wir suchen den treuen und tapferen Gefährten, der mit uns schreitet zu neuen Werten". In ihrem neuen Werbevideo, das die Heimattreue Deutschen Jugend im Internet veröffentlicht hat, sind nicht nur schlechte Reime zu hören. Die Zöglinge der Organisation treten auch in ihren Uniformen auf - dunklen Jacken mit dem HDJ-Logo rote Flamme auf schwarz-weißem Grund. Dabei ist ihnen das eigentlich verboten.
Vor wenigen Monaten untersagte das Bundesinnenministerium der HDJ das Tragen ihrer Uniform. "Das Verbot hat Bestand", erklärt eine Ministeriumssprecherin. "Eine Ausnahmegenehmigung", gebe es nicht. Dass sich die HDJ offenbar nicht an das Verbot hält, könne man dennoch nicht verfolgen. Das sei Ländersache.
Presserechtlich liegt die Verantwortung der Website bei der HDJ in Berlin. Unlängst ging dort die Polizei auch gegen die Uniformierung vor. Neue Ermittlungen wegen dem aktuellen Werbefilm laufen jedoch nicht. "Der Film ist bekannt" sagt ein Pressesprecher des Landeskriminalamts (LKA), aber "es liegt nichts strafrechtlich Relevantes vor". Die Begründung des LKA klingt kurios: "Die Aufnahmen stammen von einer geschlossen Veranstaltung".
Das die Bilder auch öffentlich zu sehen sind, scheint dabei ebensowenig zu stören wie Tatsache, dass die HDJ das Uniformverbot offenbar nicht ernstnimmt. Im aktuellen "Funkenflug", der HDJ-internen Zeitschrift, schreibt HDJ-Bundesführer Sebastian Räbiger auch trotzig: "Mäßig beeindruckt zeigen wir uns (...), dass man uns in die stillose BRDisten-Uniform zwingen will. Wir entscheiden immer noch selbst, welche Kleidungsstücke wir tragen". In ihrem Kalender "Unser Leben 2008" posieren sie ebenso in Uniformierung. Seit rund 17 Jahren will die HDJ bei Kindern und Jugendlichen von 7 bis 25 eine "heimat- und volksbewusste Einstellung" verankern. Bundesweit ist der in Kiel eingetragene Verein aktiv. Richtet Wanderungen und Lager aus - oft unterstützt von Kadern der NPD. Der mecklenburg-vorpommernsche NPD-Fraktionschef Udo Pastörs schwärmt von der HDJ: "die machen sehr gute Jugendarbeit, kann ich Eltern nur empfehlen". Er selbst war bei der 1994 verbotenen Wiking Jugend.
Den Werbefilm nahm die HDJ bei ihrem Winterlager 2006/2007 auf der Burg Hohenberg in Franken auf. Für eine Woche mieteten sie die Burg. Rund 80 Personen, vor alle Kinder kamen. Eine Drehgenehmigung hatten sie aber nicht, betont Stefan Hörtler, Geschäftsführer der Bildungseinrichtung. "Ich bin ja ein grundkonservativer Mensch, aber das ging zu weit", sagt er, denn das Treffen hatte "militärischen Charakter. Wir kennen Fahnenappelle, aber nicht mit den militärischen Drill". Die Kinder mussten vor der Fahne frierend ausharren. Die HDJ erklärt selbst, die "Ideale soldatischer Erziehung" anzustreben: "Wir verlangen Disziplin und Gehorsam". Vor dem Tor erlebte Hörtler, dass ihn zwei Wachen der HDJ stoppten. Als er die Polizei damals um Hilfe bat, antworteten die Behörden auf eine Weise, die stark an den derzeitigen Umgang mit dem Uniformverbot erinnert, erzählt Hörtler: "Sie sagten, sie könnten nichts machen."
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