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"Heimattreue Deutsche Jugend"Nazinachwuchs bleibt uniformiert

Trotz des Verbots vom Bundesinnenministeriums präsentiert sich die "Heimattreue Deutsche Jugend" auf ihrer Website in Uniform und mit Logo. Die Polizei schaut weg.

Das Verbot ihrer Uniformen samt Flammenlogo wird auf der Homepage der HDJ nicht durchgehend eingehalten. Bild: screenshot heimattreue-jugend.de

HAMBURG taz Im Schnee beim Fahnenappell stehen die Kinder und Jugendlichen stramm. Eine Stimme aus dem Off sagt: "Wir suchen den treuen und tapferen Gefährten, der mit uns schreitet zu neuen Werten". In ihrem neuen Werbevideo, das die Heimattreue Deutschen Jugend im Internet veröffentlicht hat, sind nicht nur schlechte Reime zu hören. Die Zöglinge der Organisation treten auch in ihren Uniformen auf - dunklen Jacken mit dem HDJ-Logo rote Flamme auf schwarz-weißem Grund. Dabei ist ihnen das eigentlich verboten.

Vor wenigen Monaten untersagte das Bundesinnenministerium der HDJ das Tragen ihrer Uniform. "Das Verbot hat Bestand", erklärt eine Ministeriumssprecherin. "Eine Ausnahmegenehmigung", gebe es nicht. Dass sich die HDJ offenbar nicht an das Verbot hält, könne man dennoch nicht verfolgen. Das sei Ländersache.

Presserechtlich liegt die Verantwortung der Website bei der HDJ in Berlin. Unlängst ging dort die Polizei auch gegen die Uniformierung vor. Neue Ermittlungen wegen dem aktuellen Werbefilm laufen jedoch nicht. "Der Film ist bekannt" sagt ein Pressesprecher des Landeskriminalamts (LKA), aber "es liegt nichts strafrechtlich Relevantes vor". Die Begründung des LKA klingt kurios: "Die Aufnahmen stammen von einer geschlossen Veranstaltung".

Das die Bilder auch öffentlich zu sehen sind, scheint dabei ebensowenig zu stören wie Tatsache, dass die HDJ das Uniformverbot offenbar nicht ernstnimmt. Im aktuellen "Funkenflug", der HDJ-internen Zeitschrift, schreibt HDJ-Bundesführer Sebastian Räbiger auch trotzig: "Mäßig beeindruckt zeigen wir uns (...), dass man uns in die stillose BRDisten-Uniform zwingen will. Wir entscheiden immer noch selbst, welche Kleidungsstücke wir tragen". In ihrem Kalender "Unser Leben 2008" posieren sie ebenso in Uniformierung. Seit rund 17 Jahren will die HDJ bei Kindern und Jugendlichen von 7 bis 25 eine "heimat- und volksbewusste Einstellung" verankern. Bundesweit ist der in Kiel eingetragene Verein aktiv. Richtet Wanderungen und Lager aus - oft unterstützt von Kadern der NPD. Der mecklenburg-vorpommernsche NPD-Fraktionschef Udo Pastörs schwärmt von der HDJ: "die machen sehr gute Jugendarbeit, kann ich Eltern nur empfehlen". Er selbst war bei der 1994 verbotenen Wiking Jugend.

Den Werbefilm nahm die HDJ bei ihrem Winterlager 2006/2007 auf der Burg Hohenberg in Franken auf. Für eine Woche mieteten sie die Burg. Rund 80 Personen, vor alle Kinder kamen. Eine Drehgenehmigung hatten sie aber nicht, betont Stefan Hörtler, Geschäftsführer der Bildungseinrichtung. "Ich bin ja ein grundkonservativer Mensch, aber das ging zu weit", sagt er, denn das Treffen hatte "militärischen Charakter. Wir kennen Fahnenappelle, aber nicht mit den militärischen Drill". Die Kinder mussten vor der Fahne frierend ausharren. Die HDJ erklärt selbst, die "Ideale soldatischer Erziehung" anzustreben: "Wir verlangen Disziplin und Gehorsam". Vor dem Tor erlebte Hörtler, dass ihn zwei Wachen der HDJ stoppten. Als er die Polizei damals um Hilfe bat, antworteten die Behörden auf eine Weise, die stark an den derzeitigen Umgang mit dem Uniformverbot erinnert, erzählt Hörtler: "Sie sagten, sie könnten nichts machen."

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9 Kommentare

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  • S
    simone

    vielleicht haben die BRDisten das rechnen verlernt. pisa lässt grüßen...

  • JM
    J. Müller

    "seit rund 17 Jahren will die HDJ bei Kindern und Jugendlichen von 7 bis 25 eine "heimat- und volksbewusste Einstellung" verankern."

     

    Wenn die rechtsextreme HDJ seit rund 17 Jahren agiert, wie kann sie dann die Nachfolgeorganisation der Wiking-Jugend sein, wenn die WJ 1994, also vor 14 Jahren verboten wurde?

    Das ist doch unlogisch.

  • HG
    Holger Gundlach

    >Trotz des Verbots vom Bundesinnenministeriums präsentiert sich die "Heimattreue Deutsche Jugend" auf ihrer Website in Uniform und mit Logo. Die Polizei schaut weg.< Erster Gedanke: Sauerei. Beim Lesen des Artikels stellt sich dann aber heraus, dass der HDJ das Tragen ihrer Uniform in der Öffentlichkeit erst vor wenigen Monaten verboten wurde, die Aufnahmen aber schon über ein Jahr alt sind und von einer internen, geschlossenen Veranstaltung stammen - und das die Polizei nicht wegschaut, sondern den Sachverhalt nach Prüfung als strafrechtlich irrelevant einstuft. Dass Letzteres eine fehlerhafte Beurteilung der Rechtslage sei, behaupten die Autoren nicht. Warum dann die Unterschlagzeile "Die Polizei schaut weg"? Müsste nicht statt dessen gefordert werden, die Verbotsvefügung oder das ihr zugrunde liegende Gesetz so abzuändern, dass auch gegen das Werben mit Fotos und Filmen solcher Uniformen eingeschritten werden kann? Hierzu steht aber nichts in dem Artikel.

  • S
    simone

    vielleicht haben die BRDisten das rechnen verlernt. pisa lässt grüßen...

  • JM
    J. Müller

    "seit rund 17 Jahren will die HDJ bei Kindern und Jugendlichen von 7 bis 25 eine "heimat- und volksbewusste Einstellung" verankern."

     

    Wenn die rechtsextreme HDJ seit rund 17 Jahren agiert, wie kann sie dann die Nachfolgeorganisation der Wiking-Jugend sein, wenn die WJ 1994, also vor 14 Jahren verboten wurde?

    Das ist doch unlogisch.

  • HG
    Holger Gundlach

    >Trotz des Verbots vom Bundesinnenministeriums präsentiert sich die "Heimattreue Deutsche Jugend" auf ihrer Website in Uniform und mit Logo. Die Polizei schaut weg.< Erster Gedanke: Sauerei. Beim Lesen des Artikels stellt sich dann aber heraus, dass der HDJ das Tragen ihrer Uniform in der Öffentlichkeit erst vor wenigen Monaten verboten wurde, die Aufnahmen aber schon über ein Jahr alt sind und von einer internen, geschlossenen Veranstaltung stammen - und das die Polizei nicht wegschaut, sondern den Sachverhalt nach Prüfung als strafrechtlich irrelevant einstuft. Dass Letzteres eine fehlerhafte Beurteilung der Rechtslage sei, behaupten die Autoren nicht. Warum dann die Unterschlagzeile "Die Polizei schaut weg"? Müsste nicht statt dessen gefordert werden, die Verbotsvefügung oder das ihr zugrunde liegende Gesetz so abzuändern, dass auch gegen das Werben mit Fotos und Filmen solcher Uniformen eingeschritten werden kann? Hierzu steht aber nichts in dem Artikel.

  • S
    simone

    vielleicht haben die BRDisten das rechnen verlernt. pisa lässt grüßen...

  • JM
    J. Müller

    "seit rund 17 Jahren will die HDJ bei Kindern und Jugendlichen von 7 bis 25 eine "heimat- und volksbewusste Einstellung" verankern."

     

    Wenn die rechtsextreme HDJ seit rund 17 Jahren agiert, wie kann sie dann die Nachfolgeorganisation der Wiking-Jugend sein, wenn die WJ 1994, also vor 14 Jahren verboten wurde?

    Das ist doch unlogisch.

  • HG
    Holger Gundlach

    >Trotz des Verbots vom Bundesinnenministeriums präsentiert sich die "Heimattreue Deutsche Jugend" auf ihrer Website in Uniform und mit Logo. Die Polizei schaut weg.< Erster Gedanke: Sauerei. Beim Lesen des Artikels stellt sich dann aber heraus, dass der HDJ das Tragen ihrer Uniform in der Öffentlichkeit erst vor wenigen Monaten verboten wurde, die Aufnahmen aber schon über ein Jahr alt sind und von einer internen, geschlossenen Veranstaltung stammen - und das die Polizei nicht wegschaut, sondern den Sachverhalt nach Prüfung als strafrechtlich irrelevant einstuft. Dass Letzteres eine fehlerhafte Beurteilung der Rechtslage sei, behaupten die Autoren nicht. Warum dann die Unterschlagzeile "Die Polizei schaut weg"? Müsste nicht statt dessen gefordert werden, die Verbotsvefügung oder das ihr zugrunde liegende Gesetz so abzuändern, dass auch gegen das Werben mit Fotos und Filmen solcher Uniformen eingeschritten werden kann? Hierzu steht aber nichts in dem Artikel.