■ Kommentar: Heilsame Absage
Verwunderlich ist es nicht, daß der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky gleich zum allergrößten Hammer greift: Wer die Mittel für die Jahrtausendfeier aus dem Haushalt streiche, habe die Wiedervereinigung „nie gewollt“. Das ist natürlich Quatsch. Die heftige Reaktion des CDU-Scharfmachers zeigt nur, daß er sich wohl bewußt ist, welch weitreichende Kraft von diesem Beschluß ausgehen kann. Denn nichts symbolisiert die Situation der Stadt besser als der Verzicht auf eine aufwendige Feier zum Jahr 2000. Die ungeschminkte Wahrheit: Berlin ist arm und wird in zwei Jahren immer noch arm sein.
Dabei geht es nicht um die 20 Millionen Mark, die für die Feiern eingeplant waren – die Summe ist in der Tat lächerlich. Entscheidend aber ist es, sich einzugestehen, daß nicht alles finanzierbar ist und es nicht Feiern für die Wohlhabenden geben kann, wenn bei den Menschen unten gekürzt wird. Vor allem dann nicht, wenn mit dem Geld eine heile Stadt dargestellt wird, von der wir weit entfernt sind. Wer dies verdrängt, dem bietet die Vergangenheit einige Beispiele für die Folgen. Die großkotzige 750-Jahr-Feier von 1987 forderte die „Anti-Berliner“ und die Mai-Randale in Kreuzberg heraus. Und auch das Projekt Olympia-Bewerbung, das der Stadt eine von außen geborgte Identität erkaufen sollte, endete im Fiasko, weil die Widersprüche und Brüche der Stadt sich nicht verdrängen ließen. Die CDU hat daraus nicht gelernt. Wenn etwas zur inneren Einheit der Stadt beiträgt, dann ist es deshalb die Streichung dieser 20 Millionen Mark. Wir nehmen die Probleme der Stadt ernst, ist die ebenso einfache wie überzeugende Aussage. Für die Stadt ist das ebenso heilsam wie überfällig. Gerd Nowakowski
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