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Heiland am Glockenseil

Evangelische Kirche vergeigt Bimmel-Wunder

Von einem unerklärlichen nächtlichen „Dauer-Geläut“ legte dpa gestern Glaubenszeugnis aus dem norddeutschen Nordhorn ab. Hat sich in der überraschungsarmen Protestantenkirche etwa ein dröhnendes Wunder zugetragen? Hing der Heiland am Glockenseil? Bekanntlich ist die katholische Sparte ihrer transzendent verklemmten evangelischen Konkurrenz im Wundern himmelhoch überlegen. Bei den Katholen steigt täglich ein numinoser Budenzauber: Montags ist Wunderheilung gegen Aufpreis, dienstags erscheint Maria den Hirtenmädchen als Gams, mittwochs lässt der Heiland sein Antlitz auf einer Scheibe Toastbrot leuchten, donnerstags spukt der Heilige Geist im Wandschrank, und übers Wochenende verdursten sämtliche Missbrauchsopfer wie von Zauberhand auf dem Synodalen Weg. Doch die drögen Evangelen vergeigten ihre Chance zum Gegenmirakel, obwohl der Wunderteppich ausgerollt lag: „Der genaue Grund für das lange Läuten ab Mitternacht war zunächst unklar“. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Papst Massenwallfahrten angeordnet, doch der diensthabende Pfaffe reagierte eisern fantasielos: „Für das Ende des Dauer-Geläuts sorgte in der Nacht Pastor Gerfried Olt­huis, der zur Kirche fuhr und den Hauptschalter ausstellte.“

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