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Heiko Werning Hochkomplexe Staatsbesuche

Als vor Kurzem der ukrainische Präsident in Berlin war, fuhr die S-Bahn nur noch im 20-Minuten-Takt. Die Passagiere standen dicht gedrängt auf dem Bahnsteig. „Kommt der Selensky etwa mit der S-Bahn, oder was?“, rief einer. Ein anderer: „Das ist wegen der Kameraüberwachung. Der BND braucht mehr Zeit, um die Bilder auszuwerten.“ Die Leute um uns herum nickten verstehend. Klar, logisch.

Au weia, dachte ich. Gefährliches Thema. Schon ging’s los. Ein weiterer Umstehender rief: „Natürlich werden wir alle überwacht! Auf Geheiß der CIA! Die haben den Selensky doch installiert! Jetzt schicken sie ihn her und dünnen den S-Bahn-Takt aus, damit sie uns besser überwachen können!“ Zustimmendes Raunen in der Menge. „Die Wagenknecht hat recht!“, rief eine ältere Frau, „wenn wir mit Putin verhandeln, fährt die S-Bahn wieder im Takt.“

Ich habe später die offizielle Begründung nachgelesen: weil die Bahn damit rechnete, dass die Sicherheitsbehörden einen Komplettstopp des Gleisverkehrs verhängen. Wenn dann zu viele Bahnen unterwegs seien, käme es zu komplettem Chaos, und es würde ewig dauern, bis wieder eine Bahn fahren könne. Falls überhaupt je. Ehrlicherweise kommt mir das nicht plausibler vor als die Theorien meiner Mitreisenden.

Aber man muss auch nicht immer alles verstehen. Ich weiß überhaupt nicht, warum jeder meint, über hochkomplexe Sachverhalte mitreden zu müssen, mit denen sich zuvor Garnisonen von Fachleuten ausgiebig auseinandergesetzt haben. Als neulich gemeldet wurde, die letzten beiden Jahre seien die wärmsten seit 2.000 Jahren gewesen, brach im Internet umgehend ein Sturm der Empörung los. Vor 2.000 Jahren gab es doch noch nicht mal Thermometer!

Es ist ja okay, wenn man selbst von naturwissenschaftlichen Grundlagen keine Ahnung hat. Muss man vielleicht auch nicht als Malermeisterin, Ergotherapeut oder Bankerin. Ich wiederum weiß ja nicht mal, was Ergotherapeuten eigentlich machen. Da käme ich aber nicht auf die Idee, mit ihnen Diskussionen über ihr Fachgebiet anzufangen.

Also sollte man davon ausgehen, dass die Verkehrslogistiker gute Gründe für den verlängerten S-Bahn-Takt haben. Allerdings kam eine Woche später Joe Biden nach Berlin. Da wiederholte sich das ganze Spektakel. Moment mal – wahrscheinlich geht es genau darum!

Sie wollen, dass wir uns daran gewöhnen, dass die Bahnen nur noch alle 20 Minuten fahren. Oder gar nicht mehr. Oder ganz woanders hin. Damit wir endlich aufhören, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Dann brauchen wir alle ein eigenes Auto. Und wegen des Verbrenner-Aus können wir nur noch E-Mobile kaufen. Die wegen der neuen Strafzölle nicht mehr billig aus China importiert werden, sondern mit Strom aus amerikanischem Fracking betrieben werden. Sodass die CIA davon profitiert. Und bestimmt auch Israel.

Das haben die da oben sich wieder ganz fein ausgedacht! Aber mich täuschen sie nicht!

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