■ Heftiger Protest gegen das Bonner Sparpaket: Generalstreik kein Tabu mehr
Berlin (dpa/taz) – Der Streit um das Bonner Sparpaket nimmt erheblich an Schärfe zu. Erstmals wurde am Wochenende von Gewerkschaftsseite ein Generalstreik gegen die Sozialkürzungen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. Führende Arbeitgeber sorgten unterdessen mit Forderungen nach weiteren Einschnitten in das soziale Netz für zusätzlichen Sprengstoff.
DGB-Chef Dieter Schulte drohte Bundesregierung und Arbeitgebern einen „heißen Sommer“ an. „Schon in den kommenden Wochen werden überall in der Republik Arbeitgeber und Regierung die Wut der Beschäftigten deutlich zu spüren bekommen.“ Alle 15 Einzelgewerkschaften würden ihre Mitglieder mobilisieren und Aktionen starten. Seine Stellvertreterin Engelen-Kefer sagte auf die Frage, ob die Gewerkschaften auf einen Generalstreik – also einen politischen Streik – zumarschieren: „Ich hoffe nicht. Wir werden zunächst alle sonstigen Aktionsmittel einsetzen.“ Die Schmerzgrenze sei aber „überschritten.“
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, forderte gestern erneut drastische Einschnitte in das soziale Netz. Ebenso der Chef des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Hans Peter Stihl: „Wir sind (...) noch längst nicht am Ende der erforderlichen Sparmaßnahmen“. Die Kürzung der Lohnfortzahlung oder die Anhebung der Altersgrenze bei der Rente seien eher bescheiden.
Auch aus Reihen der Union kam neue Kritik. Der Arbeitnehmerflügel der CDU will alle parlamentarischen Mittel nutzen, um pauschale Einschnitte bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu verhindern.
Im öffentlichen Dienst rollt vielleicht schon in dieser Woche eine große Warnstreik-Welle an. ÖTV und DAG wollen heute umfassende Arbeitsniederlegungen beschließen, wenn die Arbeitgeber auch in der dritten Tarifrunde kein Angebot vorlegen. Der Kanzler hingegen mahnte zur Zurückhaltung. „Jedem muß klar sein, daß Verweigerung und Konflikt nur zu Lasten der Arbeitslosen gehen.“ Kohl warnte die Gewerkschaften, „jetzt nicht durch überzogene Kritik Konflikte zu schüren“
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