Haushaltsverhandlungen: Mehr Kohle für mehr Kontrolle
Die Haushaltsberatungen gehen in die heiße Phase. Die Linke fordert mehr Geld für die Bezirke, denn die trügen die Last von Umweltzone, Nichtraucher- und Jugendschutz. Der Senat sieht das anders.
Die Linke will in den anstehenden Haushaltsberatungen mehr Geld für die Bezirke herausholen. Vizefraktionschef Stefan Liebich argumentiert, die bislang vereinbarten Etaterhöhungen reichten nicht, um die neu hinzugekommenen Aufgaben zu erfüllen. Für seine Partei stehe diese Frage "ganz oben auf der Prioritätenliste".
Bislang haben SPD und Linke vereinbart, den Bezirken 25 Millionen Euro zusätzlich für das Personal zukommen zu lassen. Aus Liebichs Sicht genügt das jedoch nicht: Wenn das Land den Bezirken immer mehr Aufgaben wie beim Jugend- und Nichtraucherschutz sowie der Umweltzone zuweise, müsse das auch finanziert werden. Um das zu bewältigen, bräuchten die Jugendämter 50 und die Gesundheitsämter 36 neue Stellen. Auch für die Ordnungsämter fordert die Linke 50 zusätzliche Stellen.
Die neuen Mitarbeiter sollen laut Liebich den Nichtraucherschutz in Gaststätten und die Einhaltung der Umweltzonenbestimmungen kontrollieren und Flatrate-Partys in Bars und Kneipen verhindern. Die von Liebichs Parteifreundin Katrin Lompscher geführte Senatsumweltverwaltung macht eine andere Rechnung auf. "Die zusätzlichen Mitarbeiter für die Umweltzone stammen aus dem Stellenpool", sagt Sprecherin Marie Luise Dittmar. Bereits Mitte August sollen demnach insgesamt 80 Mitarbeiter Schulungen durchlaufen. Einige von ihnen stammten aus den Bezirksverwaltungen, die meisten aus dem Stellenpool, in dem Mitarbeiter des öffentlichen Diensts ohne aktuelle Aufgaben erfasst sind.
Letztlich will auch Lompscher dafür kämpfen, in den Haushaltsverhandlungen mehr für die Bezirke herauszuholen - wenn sie es auch etwas sperrig formuliert. "Die personelle Stärkung der bezirklichen Vollzugsbehörden ist sinnvoll." Wann der Senat Personal und Geld bereitstellen muss und wann die Bezirke, das wird eine Hauptfrage der Verhandlungen werden.
Die Linke fordert viel. Vizefraktionschef Liebich will das Verfahren ändern, nach dem die sogenannten Hilfen zur Erziehung finanziert werden. Wenn die Zahl der zu betreuenden Familien steige, müsse der Senat den Bezirken nachträglich zusätzliche Kosten erstatten. Der Hintergrund: Im Doppelhaushalt 2006/2007 hatte der Senat die Zahlungen auf 290 Millionen Euro gesenkt, gleichzeitig aber einen Puffer eingebaut. Für alles, was über diese Summe hinausging, kam zu 75 Prozent der Senat auf. Dieser Puffer fällt nach bisherigen Senatsplanungen weg. "Dafür erhalten die Bezirke mit 319 Millionen Euro wieder deutlich mehr Geld für die Hilfen zur Erziehung", sagt die Sprecherin der Finanzverwaltung, Kristina Tschenett.
Die Grünen halten den Streit über die Finanzierung einiger Dutzend Stellen für einen Nebenschauplatz. Das eigentliche Problem sieht ihr haushaltspolitischer Sprecher Oliver Schruoffeneger im "ständigen Reinregieren" des Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD) in die vom Land festgelegten Budgets der Bezirke. 2006 und 2007 sind das jeweils rund 4,4 Milliarden Euro. Für 2008 sind laut Haushaltsentwurf 4,54 Milliarden Euro vorgesehen und 4,57 Milliarden für das Jahr 2009. "Solange die bestehenden strukturellen Probleme nicht angegangen werden", sagt Schruoffeneger, diene zusätzliches Geld nur der "Ruhigstellung der Bezirke".
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