Haushaltsdebatte im Bundestag: Die schwarz-grüne Abneigung

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen fand im Bundestag die Debatte zum Haushalt statt. Die Kanzlerin attackierte vor allem die Grünen - was denen gefiel.

Attackierte vor allem die Grünen: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bild: reuters

Die Debatte findet fast im Belagerungszustand statt. Die Kuppel des Reichtags, wo sonst Besucher den Parlamentariern aufs iPad schauen, ist leer. Geschlossen wegen Terrorwarnung. Viele, Grüne, Sozial- und Christdemokraten, beteuern, dass man weiter ein freies Parlament sein werde. Man betont das Gemeinsame. Aber das ist kaum der Grund, warum die Debatte so wattig, so wenig scharfkantig verläuft.

Vielleicht liegt es an Frank-Walter Steinmeier. Der SPD-Fraktionschef hat noch immer etwas von einem Außenminister. Wenn er mal so richtig gegen Schwarz-Gelb polarisieren will, ruft er in den Bundestag: "Mit uns gäbe es diese Gesundheitspolitik nicht."

Eigentlich ist die Debatte um den Etat des Bundeskanzleramts stets die Stunde der Abrechnung mit der Regierung. Steinmeier aber argumentiert mit angezogener Handbremse. Er wirft Schwarz-Gelb vor, bürgerlichen Tugenden "wie Loyalität und Pflichtbewusstsein" nicht zu genügen. Oder zu wenig zu regieren.

"Aus dem Herbst der Entscheidungen ist ein Herbst der Vertagungen geworden" sagt er. Die griffige Zuspitzung ist nicht sein Metier. Wo er sich auf dieses Feld begibt, wirkt vieles gesucht. Ein "Regierungschaos ohne Ende" bescheinigt er Merkel, "einen Albtraum" nennt er Schwarz-Gelb. Aber solche Kraftausdrücke wirken bei dem Exaußenminister wie Zitate, wie eine Etikette, der man eben genügen muss.

Der einzig harte Angriff, die Unterstellung, das Schwarz-Gelb mit manipulierten Zahlen eine Steuersenkung fürs Wahljahr 2013 vorbereite, wirkt etwas verhuscht vorgetragen. Dafür redet Steinmeier viel vom guten Gestern, von der großen Koalition, die mit Ernst und dem Konjunkturprogramm den Aufschwung ermöglicht habe. Wenn man die rituellen Donnerworte aus dieser Rede streicht, hört man eher den Vizekanzler von gestern reden als den Oppositionsführer von heute.

Kanzlerin Angela Merkel hat es danach leicht. Nach Steinmeiers Rede habe sie "nur ein Bedürfnis: Über die Zukunft Deutschlands zu reden". Alles sei auf bestem Wege, die Wirtschaft floriere, die Arbeitslosigkeit sinke, Steuersenkungen gebe es vielleicht. Merkel demonstriert mal wieder ihre neue Rolle. Keine präsidiale Ausgewogenheit, es redet eher die CDU-Chefin als die Kanzlerin.

Sie attackiert die SPD und stürzt sich auf den neuen Lieblingsgegner, die Grünen. Wo immer ein Bahnhof, eine ICE-Strecke oder Stromleitungen gebaut würden, seien die Grünen dagegen. Wahrscheinlich seien die Grünen, höhnt Merkel, bald auch noch für Weihnachten, aber ohne Adventszeit. Sie nennt Jürgen Trittin dumm, den Parteitag der Grünen in Freiburg "unglaublich".

Gesine Lötzsch, Fraktionschefin der Linkspartei, attestiert der Koalition einen "Herbst der Fehlentscheidungen" und soziale Spaltung. Noch überraschungsärmer ist die Rede von Birgit Homburger (FDP), die Merkels Grünen-Bashing wiederholt.

Die rhetorische Frontlinie verläuft derzeit zwischen Union und Grünen. Für die pariert Fraktionschefin Renate Künast. Es sei unchristlich, nur bei den Ärmsten zu sparen, kritisierte Künast. Auf Merkels Polemik geht sie nicht direkt ein. Die Bürger können, so Künast, nun jedenfalls zwischen zwei Konzepten wählen: "Schwarz oder Grün". Im Stillen scheinen die Grünen von den Angriffen der Union sehr geschmeichelt zu sein.

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