Haushalt: Schwarz-Grün spart am Sozialen
Steigende Ausgaben zwingen die Sozialbehörde zum Sparen. Bis 2012 verschlingen gesetzliche Leistungen wie Sozialhilfe und Kita-Kosten 320 Millionen Euro zusätzlich.
Die Sozialbehörde muss in den nächsten Jahren hunderte Millionen Euro einsparen, um den fragilen Gesamthaushalt Hamburgs nicht noch weiter zu belasten. Dabei will Senator Dietrich Wersich (CDU) Unmögliches möglich machen: Es müssten mit weniger Mitteln die gleichen Leistungen erreicht werden. Die Ausgaben der Behörde steigen jedoch konstant.
Rund 320 Millionen Euro mehr als noch 2008 kosten allein die gesetzlichen Sozialleistungen. Dazu gehören die Sozialhilfe, die Erziehungshilfen und die Kosten für die Kinder-Tagesbetreuung. Bis 2012 werden die Aufwendungen eine Höhe von 2,2 Milliarden erreichen, prognostiziert die Behörde. "Wir stehen vor besonderen Herausforderungen", sagte eine Sprecherin am Donnerstag.
Bislang konnten die Ausgaben gedeckt werden. Schätzungen zufolge brechen im laufenden Jahr aber etwa 14 Prozent der bisherigen Steuereinnahmen weg. Ein Teufelskreis: Durch die Wirtschaftskrise steigt die Zahl der Sozialhilfeempfänger. Weniger Arbeitnehmer bedeuten jedoch weniger Steuereinnahmen, die das Kostenloch füllen könnten.
Die Sozialhilfe-Aufwendungen steigen von 1,25 (Stand: 2008) auf 1,4 Milliarden Euro. Der größte Anteil dabei ist der Mietzuschuss.
Die Erziehungshilfen kosten künftig 268 Millionen Euro (2008: 208 Millionen). Nach dem Hungertod der neun Monate alten Lara im März sind die Aufwendungen für die Familienhilfe gestiegen.
Die Kita-Kosten steigen laut Behörde von 411 Millionen auf 523 Millionen Euro.
Die Sozialbehörde wird angesichts der finanziellen Schieflage wohl kaum darum herumkommen, den Rotstift anzusetzen. Noch bevor der Senat Ende Oktober über Sparmaßnahmen berät, befürchten Kritiker bereits eine verstärkte soziale Spaltung in der Stadt: "Drastische Verkürzungen im Sozialhaushalt werden im gleichen Atemzug verkündet wie der uneingeschränkte Vertrauensbeweis für Nonnenmacher trotz eines Verlustes der HSH Nordbank", sagt Dora Heyenn, Fraktionsvorsitzende der Linken. Unter der Krise und den bevorstehenden Einsparungen im sozialen Bereich litten vor allem die Kinder, sagt sie.
Besorgt um die Betreuungssituation ist auch der Landeselternausschuss (Lea). "Wer an den Kindern spart, spart an der Zukunft unserer Gesellschaft", sagt Vorstandsmitglied Bodo Heuer. Er fordert die Sozialbehörde deshalb vorsorglich auf, "Wort zu halten, was die Maßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuung angeht".
Allerdings steigen die jährlichen Ausgaben für Hamburgs Kitas bis 2012 um 56 Prozent auf etwa 523 Millionen Euro. "Die Frage ist, wie wir mit dieser Kostensteigerung umgehen und was wir den nachfolgenden Generationen hinterlassen", heißt es aus der Behörde. An welchen Stellen gekürzt wird, konnte die Sprecherin noch nicht sagen.
Mit Wohlfahrtsverbänden und sozialen Trägern will Sozialsenator Wersich in der kommenden Woche über mögliche Sparmaßnahmen sprechen. Nicht ausgeschlossen ist, dass gesetzliche Leistungen künftig verstärkt an private Träger vergeben werden.
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