: Haushalt als "Gretchenfrage"
■ DIW: Kurzfristiges Sparkonzept ist gescheitert. Grüne beantragen Sondersitzung des Hauptausschusses zur Finanzlage. Morgen Abstimmung über Leitlinien
Die Diskussion um die prekäre Haushaltslage und den damit verbundenen Sparkurs des Senats dauerte auch am Wochenende an. Aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist das kurzfristige Sparkonzept von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) gescheitert. Schon im Frühjahr sei zu erkennen gewesen, daß die Sparziele zu ehrgeizig und zu vage formuliert sind, sagte Dieter Vesper vom DIW. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde Berlin schon in zwei bis drei Jahren so wie das Saarland und Bremen heute auf Bundeszuschüsse angewiesen sein.
Dagegen forderte SPD-Fraktionschef Klaus Böger den Senat zur Fortsetzung des Sparkurses auf. Der Haushalt für das Jahr 1997 sei die „Gretchenfrage für die Leistungsfähigkeit der Koalition“. Angesichts öffentlicher Kritik auch vom Koalitionspartner CDU stellte er sich demonstrativ hinter die Finanzsenatorin. Fugmann- Heesing sei die „richtige Frau zur richtigen Zeit am richtigen Ort“.
Unterdessen beantragte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für Mittwoch eine Sondersitzung des parlamentarischen Hauptausschusses, um den tatsächlichen Umfang der haushaltspolitischen Risiken zu klären und Konsequenzen aus dem „derzeit bestehenden finanzpolitischen Chaos“ zu beraten.
Für die vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) in seinen Leitlinien angekündigte antizyklische Politik sieht das DIW angesichts der dramatischen Finanzkrise nur einen äußerst begrenzten Spielraum. Es könne lediglich darum gehen, die Einsparungen im Haushalt zu strecken. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hatte bereits am Freitag eine eigene Prioritätenliste vorgelegt. Darin lehnt er die von Diepgen vorgeschlagene antizyklische Wirtschaftspolitik ebenso ab wie eine Lockerung des Haushaltskonsolidierungskurses. Morgen soll im Abgeordnetenhaus über die Leitlinien abgestimmt werden. ADN/taz
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