Hausdurchsuchungen bei CDU-Politikern: 80.000 Euro ohne Belege
Hausdurchsuchungen beim Hamburger Finanzsenator Frigge und beim Ex-Rheinland-Pfalz-Chef Böhr (beide CDU). Es fehlen Belege für 80.000 Euro, das Geld ging an die Agentur C4.
HAMBURG taz | Die Staatsanwaltschaft Mainz hat am Mittwoch die Wohnsitze des Hamburger Finanzsenators Carsten Frigge (CDU) und des früheren rheinland-pfälzischen CDU-Chefs Christoph Böhr durchsucht. Auch beim Ex-CDU-Schatzmeister von Rheinland-Pfalz, Herbert Jullien, und dem ehemaligen rheinland-pfälzischen CDU-Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen gab es Hausdurchsuchungen, wie aus Ermittlerkreisen zu erfahren war.
Hintergrund ist der Verdacht, dass die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsfraktion Fraktionsgeld für den Wahlkampf zweckentfremdet hat. So flossen für den Landtagswahlkampf 2006 rund 390.000 Euro an Frigges frühere Düsseldorfer Beratungsagentur C4. Wofür das Geld im Einzelnen bezahlt wurde, ist unklar. Mittlerweile prüft auch die Bundestagsverwaltung mögliche Vorstöße gegen das Parteiengesetz.
Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Böhr, Hebgen und Jullien, das Geld der Fraktion für den Wahlkampf veruntreut zu haben. Frigge, als damaliger Geschäftsführer der Firma, die das Geld entgegennahm, wird nach eigener Aussage verdächtigt, hierzu Beihilfe geleistet zu haben. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst", sagte Frigge vor der Presse.
Frigges Darstellung zufolge hat C4 zum einen der CDU ein Konzept für den Landtagswahlkampf 2006 erstellt. Dafür seien 25.000 Euro bezahlt worden. Zum anderen habe C4 für die Fraktion gearbeitet, wofür 390.000 Euro überwiesen worden seien. Ein Drittel dieses Geldes habe die Fraktion für Konzepte bezahlt, den Rest für die Beratung Böhrs.
Strittig davon seien 80.000 Euro, die die CDU-Fraktion überwiesen habe, ohne dass C4 eine entsprechende Rechnung gestellt habe. Der Versuch, das Geld zurückzuüberweisen, habe sich als schwierig erwiesen, sagte Frigge. Deshalb sei die Zahlung mit späteren Rechnungen verbucht worden.
Die Aufklärung wird dadurch erschwert, dass C4 mit der Fraktion keinen schriftlichen Vertrag über den Auftrag schloss. Auch das Ergebnis der Beratung, die Konzepte, sind nicht auffindbar. Kaufmännisch könnten die Leistungen aber über Reisekostenabrechnungen und Ähnliches nachvollzogen werden, versicherte Frigge. Der neue Leiter der Staatsanwaltschaft Mainz, Klaus-Peter Mieth, wollte sich zunächst nicht zu den Durchsuchungen äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann