: Hauptstadtsicherheit anderswo: Rollschuhläufer vor dem Weißen Haus
Washington wirkt eher wie eine verschlafene Stadt im amerikanischen Süden mit überdimensioniertem Staatstheater als die Hauptstadt einer Supermacht. Washingtons Bürger werden vom Metropolitan Police Department und seinen 3.500 Polizisten geschützt. Washingtons Polizei gilt als sprichwörtlich desorganisiert und ineffektiv. Der letzte Polizeichef wurde wegen Korruption gefeuert.
Washingtons Politiker werden von mehreren Dutzend verschiedenen Spezialeinheiten geschützt. Um die Sicherheit des Parlaments kümmert sich die Capitol Police; Präsident und Vizepräsident sowie deren Familien, die Präsidentschaftskandidaten, die Botschaften und Staatsgäste werden von einer Spezialeinheit des Finanzministeriums, dem Secret Service, geschützt. Die 1.200 uniformierten Beamten sieht man hauptsächlich entlang der Massachusetts Avenue, wo die meisten Botschaften stehen. Von den 2.200 Spezialagenten sind nur etwa die Hälfte im District of Columbia stationiert. Auch der Secret Service unterstützt die lokale Polizei in den Stadtvierteln um die Botschaften. Die Ministerien und Museen haben alle ihre eigene Polizei.
Washingtons Bürger wünschen sich seit langem, daß die Polizeieinheiten zusammenarbeiten. Dazu kommt es vor allem bei Staatsbesuchen und Demonstrationen. Staatsgäste werden in der Regel vom Flughafen in Virginia mit Hubschraubern eingeflogen und zwischen dem Washington- und Lincoln-Memorial auf der parkartigen Mall abgesetzt. Von dort bringt sie eine Wagenkolonne ins Weiße Haus. Den Verkehr regelt die städtische Polizei, den Personenschutz übernimmt der Secret Service. Nur der Präsident landet direkt auf dem Rasen des Weißen Hauses.
Eine Bannmeile gibt es in Washington nicht, alle öffentlichen Gebäude müssen auch öffentlich zugänglich sein. Die Eingangskontrollen sind unaufdringlich. Nachdem von der Straße aus in den 90er Jahren mehrfach aufs Weiße Haus geschossen wurde, ist das Stück Pennsylvania Avenue mit gewaltigen Blumenkübeln für den motorisierten Verkehr gesperrt, was sehr häßlich aussieht. An Wochenenden aber spielen vor den Toren des Weißen Hauses Rollschuhläufer Hockey. Bisher hat sie weder der Secret Service, der für das Weiße Haus, noch die Park Police, die für die Bürgersteige vor dem Weißen Haus, noch die städtische Polizei, die für die Straße zuständig ist, dabei gestört. Peter Tautfest, Washington
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