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Hat der Staatsschutz im Vorfeld geschludert?

■ SPD will vor SI-Tagung der Polizei eine Teilnehmerliste gegeben haben

Womöglich ist es der Fahrlässigkeit eines Beamten des Berliner Staatsschutzes zu verdanken, daß die Opfer des „Mykonos“-Attentates, als sie sich im September 1992 zur Tagung der Sozialistischen Internationale in Berlin aufhielten, ohne polizeilichen Schutz blieben. In der gestrigen Sitzung des „Mykonos“-Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses erklärte der für die Sicherheit der Tagung zuständige Mitarbeiter der SPD, Reinhard Pauk, acht Tage vor dem Attentat dem Staatsschutz eine Liste mit den Teilnehmern der Tagung angeboten zu haben.

Darunter seien auch die Namen von zwei der späteren Opfer gewesen, die des Vorsitzenden der Demokratischen Partei Kurdistans im Iran, Sadegh Charafkandi, und des Europa-Vertreters der Partei, Fattah Abdoli. Sein Gesprächspartner beim Staatsschutz, Hauptkommissar Rolf M., habe jedoch „abgewunken“, er wolle die Liste nicht haben. Daraufhin ging Pauk davon aus, daß die Berliner Polizei die Sicherheitslage im Griff habe. Ein Irrtum, wie sich am 17. September 1992 herausstellte. Am Abend dieses Tages wurden Charafkandi und drei seiner Begleiter erschossen, die mutmaßlichen Attentäter stehen zur Zeit vor Gericht.

Von seiten der Berliner Sicherheitsbehörden waren die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen bislang den Veranstaltern angelastet worden. Am 8. Mai diesen Jahren hatte Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) öffentlich erklärt: „Eine vollständige Liste der Teilnehmer wurde dem Staatsschutz trotz mehrfacher ausdrücklicher Bitten bis zum Zeitpunkt des Attentates vom Veranstalter nicht übergeben, weshalb dem Staatsschutz die Anwesenheit der späteren Opfer nicht bekannt gewesen ist. Der Staatsschutz konnte demzufolge diese Personen auch nicht schützen.“

Staatsschutzchef Dieter Piete erklärte gestern vor dem Ausschuß, daß eine Teilnehmerliste, auf der die Opfer verzeichnet waren, seiner Behörde erst nach dem Attentat überreicht wurde. Vor der Tagung will der Staatsschutz lediglich eine unvollständige Liste mit 52 der über 700 Namen erhalten haben. Seine Mitarbeiter, so Piete, hätten ihm gegenüber auch überzeugend erklärt, daß ihnen keine weitere Liste vor der Tagung übergeben worden sei.

Darum hat sich der Staatsschutz nach Pauks Einschätzung auch nicht von sich aus gekümmert. Der SPD-Mann benannte zwei Zeugen für seine Version des Ablaufes. Der Untersuchungsausschuß wird nun den Staatsschützer Rolf M. und diese Zeugen laden, um zu erfahren, ob der Staatsschutz, wie der FDP-Abgeordnete Rolf-Peter Lange bereits vermutet, „Mist gebaut“ hat. Zunächst soll jedoch kommende Woche Staatsminister Bernd Schmidbauer aussagen. Dieter Rulff

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