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Hasstiraden-Video auf YoutubeWest bleibt Weihnachten im Knast

Der Clip mit ihren wüsten Beschimpfungen gegen Schwarze ist der Renner im Netz. Gegen Emma West läuft ein Ermittlungsverfahren. Und sie sitzt weiter in Haft - zur eigenen Sicherheit, so die Richter.

In diesem Moment war ihr nicht bewusst, dass sie es nur wenig später zur zweifelhaften Berühmtheit gebracht hat: Emma West (l.). Bild: Youtube

Schon 11 Millionen Mal wurde es geklickt: Ein Video auf Youtube, das zeigt, wie ehemalige Zahnarzthelferin Emma West aus Südlondon in einer Straßenbahn gegen schwarze Fahrgäste ausfällig wird. Die gefilmte Hetze sorgt nun dafür, dass die 34-Jährige auch Weihnachten im Gefängnis verbringen muss, wie die britische Tageszeitung Guardian am Dienstag schreibt.

Nachdem das Video am 27. November auf Youtube erschienen war, nahm die Polizei West am Montag vergangener Woche fest. Sie blieb auch nach ihrem ersten Erscheinen vor Gericht in Haft. Gegen West läuft ein Ermittlungsverfahren wegen rassistisch motivierter Störung der öffentlichen Ordnung.

Während sich am Mittwoch die drei Untersuchungsrichter im Gericht im Londoner Stadtteil Croydon das Video anschauten, brach West in Tränen aus. Ihr Anwalt, David Ewings, stellte einen Antrag auf Haftverschonung, der jedoch vom Vorsitzenden Richter abgelehnt wurde, mit der Begründung, der Verbleib im Gefängnis diene vor allem zum Schutz der Angeklagten.

Wests Lebensgefährte hatte dem Gericht mitgeteilt, dass West Todesdrohungen erhalten habe und ihre Adresse weitflächig bei Facebook und Twitter zirkuliere, wie die Zeitung Daily Mail berichtete.

Als West in die Zelle zurückgeführt wurde, riefen ihre Unterstützer "Verrat" und "Wir lieben dich, Emma. Bleib stark".

West selbst weigerte sich, ein Plädoyer abzugeben. Vielmehr will sie ihren Fall vor dem Crown Court verhandelt wissen. Um dies zu regeln, ist eine nächste Anhörung vor dem Gericht in Croydon für den 3. Januar angesetzt. West wird dann per Videolink zugeschaltet sein.

Nach Angaben der International Business Times UK hat ein rechtsextremistisches Forum zur Unterstützung der "weißen Heldin" Emma West aufgerufen. Seine Macher sehen in ihrem Fall die einmalige Gelegenheit, für die eigene rassistische Agenda zu mobilisieren. Geplant ist, einen Spendenfonds für die Kosten der Verteidigung einzurichten. Es gab auch Anfragen an das Personal des Gefängnisses, in dem sich West zur Zeit befindet, wie man ihr Unterstützungsbriefe zukommen lassen könnte.

Inzwischen sind laut der Boulevardzeitung The Sun weitere Videos im Netz aufgetaucht, die mit Handys in U-Bahnen oder Fernzügen aufgenommen wurden und zeigen, wie einzelne Passagiere sich in rassistische Schimpftiraden gegenüber Mitfahrenden ergehen. OP

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18 Kommentare

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  • M
    machdenfernseheraus

    ich stamme von einer mind. 700jährig in Deutschland lebenden Familie ab, lebe in einem Vorort einer deutschen Großstadt und bin arm. Ich kann die Frau West voll verstehen und denke, ihr Appell an die Fremden ihres Landes, wieder zu gehen, bleibt unverstanden. Schade, dass die TAZ auch zensieren muss und sich mein Beitrag nicht lange halten wird.

  • G
    Giesing

    @Stefan Jahn

    Es geht hier nicht um Sympathisierung mit Rechtsextremen, sondern um darum, dass jemand für seine Meingung (die ich nicht teile) ohne endgültiges Urteil mehrere Wochen ins Gefängnis wandert. Nichts anderes haben die nazis und die Kommunisten auch getan. Wer bestimmt denn in Ihrem System, wer welche Meinung äußern darf ?

  • EW
    Emma West Side Story

    Und: hat sich mal jemand die "Haßtiraden" der Kommentatoren auf Youtube durchgelesen, die an Kraßheit West Ausfälle weit in den Schatten stellen?

  • AA
    Albrecht am Felde

    Möchte nicht wissen, was Prinz Philip bei gleichem Pegelstand loslässt, freilich hinter Panzerglas. Und das Kraut-bashing der britischen Presse hat ja doch auch einen leichten racist touch. Und wie gesagt, wenn schon denn schon...Und selbstverständlich hat nicht nur "West", sondern auch "Emma" einen leicht symbolischen Anklang. Vielleicht hatte die Arme im ÖPNV so manche Kränkung ihrer fraulichen Würde hinzunehmen, die nicht ganz der mutterländischen Gesittung, will sagen feinen englischen Art entsprochen hat? Letztlich ein armes Würmchen in schwacher Stunde - beschämend wie der "gutmenschliche" Obrigkeitsstaat reagiert.

  • E
    Eisvogel

    @TV, ich habe keine "Intentionen", ich denke lediglich dass man mit solchen Ungleichgewichten Wasser auf die falschen Mühlen kippt. Und hiermit meine ich nicht, dass die somalische Prügelgang überstreng wie Emma West behandelt werden sollte - im Gegenteil, Emma West sollte die gleiche Grosszügigkeit zuteil werden, sich in Freiheit auf ihren eventuellen Prozess vorzubereiten.

     

    Und alle die es richtig finden das die Frau einsitzt: würdet Ihr es auch richtig finden wenn es umgekehrt gelaufen wäre? Wenn ein betrunkener Schwarzer sich hinstellen würde und über weisse Europäer herziehen würde, soll er dann einfahren?

     

    Ich habe den Verdacht, dass dies von so manchem ganz anders bewertet oder gar die Möglichkeit eines solchen Vorfalls geleugnet würde. Lasse mich aber natürlich gerne eines besseren belehren. Wer Emma West im Knast sehen will, sagt ja zu einem Prinzip das er dann für alle gelten lassen sollte.

  • H
    Hä?

    in England gibt es "Schutzhaft" wie seinerzeit bei den Nazis? Ist das nicht eine Ironie sondergleichen? Die Engländer haben gegen Nazideutschland gekämpft, bloß um 60 Jahre später einige von deren Methoden anzuwenden, um gegen Menschen vorzugehen, die das England von damals nicht mehr wiedererkennen können.

     

    Ich kenne das englische Strafrecht nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau mit festem Wohnsitz, Arbeitsplatz und vor allem mit kleinen Kindern, bei der weder Verdunkelungs-, noch Flucht-, noch Wiederholungsgefahr besteht, ohne Urteil in der Sache in Haft gehalten werden kann. Wenn man um ihr Leben fürchtet, muss der Staat sie anderweitig schützen. Eine Haft kann nur eine Strafe nach einer Verurteilung sein oder eine Untersuchungshaft mit festdefinierten Gründen.

     

    Vielleicht sollte Emma West mal den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen - das wäre interessant.

  • T
    T.V.

    So als Antwort: Kein Zweck heiligt alle Mittel. Handlungen gegen die Freiheit einer Person werte ich höher als Worte gegen die Freiheit vieler. Diese Farce hier dient nur dazu ein Exempel zu statuieren, weil sie zufällig in den Fokus der Medien geraten ist.

     

    Weder Richter noch Politiker noch Kommentatoren die behaupten, Gefängnis löse alle Probleme, scheinen mir wirklich daran interessiert, an den Ursachen etwas ändern zu wollen, die dazu führen, daß Menschen 'rassistische' Äußerungen an andere Menschen richten. Ganz abgesehen davon, daß es nur eine Rasse Mensch gibt.

     

    Wenn jetzt Rechtsextreme diese Frau verteidigen wollen, heiße ich das teils gut, weil sie damit letztendlich gegen ihre Gesinnung handeln. Soweit ich weiß stand freie Meinungsäußerung im 3. Reich nicht auf der Agenda. Wenn damit erreicht wird, daß sie eine relativ geringe Strafe angesichts des Medienfokusses erhält, ist zumindest die Verhältnismässigkeit gegeben, die Eisvogel in seinem Kommentar andeutet, dessen weitere Intentionen ich allerdings nicht unterschreiben würde.

     

    Ein paar hundert Sozialstunden in einem Londoner Vorort wäre doch was, was tatsächlich schnelle Wirkung haben könnte. Da sollte selbst eine psychisch labile Person merken, warum dort "Riots" ausbrechen.

  • AV
    Alexander van Essen

    Was mir bei der Sache nicht klar ist:

     

    War der Frau bewusst, dass das jemand aufnimmt?

    War das irgendjemand oder ein(e) Bekannte® von ihr?

    Wurde sie gefragt, ob das im Internetz veröffentlicht werden darf?

    War ihr klar, was das bedeuten würde?

    Woher wusste die Polizei, wen sie festnehmen muss? Also: Gab es eine konkrete Anzeige von jemandem, der/die wusste, wer die Frau ist?

     

    Wenn alle derartigen Szenen in U- und S-Bahn gefilmt und bei YouTube eingestellt würden, kämen wir aus dem Entsetzen über den alltäglichen Rassismus gar nicht mehr heraus. Und nicht nur in Großbritannien.

     

    Mir tut die Frau aufrichtig leid.

  • TL
    Thomas Lehmann, Worms

    Was an Emma West fasziniert, ist ihr Atavismus, ihre ungefilterte Spontaneität und dschungelhafte Aggressivität. Wo findet man das noch in Gesellschaften mit lauter verzüchteten und verkopften Angepassten, die sich in solchen Situationen lieber blass und erstarrt in die Ecke drücken und verschämt am Handy herumspielen?

    Emma West ist sicher keine echte Rassistin im Sinne tiefer gehender theoretischer Überlegungen, sondern eher jemand, der in einer bestimmten Stresssituation emotional überfordert war und ausrastete. Über die Gründe kann man nur spekulieren, aber wenn wir erfahren, dass sie eine "ehemalige Zahnarzthelferin" ist, dann dürfen wir annehmen, dass sie arbeitslos ist und grosse Schwierigkeiten hat, sich und ihren Sohn über die Runden zu bringen. In UK wie in Deutschland ist die Unterschicht regelrecht gekreuzigt worden mittels Lohndumping, intellektueller Verachtung und kultureller Entwurzelung. Wer sich vor diesem Hintergrund anmasst, sich über eine Emma West moralisch zu erheben, der entlarvt sich bloss selbst.

  • N

    Lieber Herr Jahn,

    die Haßtiraden gegen Ausländer, oder die Tiraden und Morddrohungen gegen die Frau, offensichtlich eine arme Sau aus der Unterschicht, die nicht weiß, wohin mit ihrem angestauten Frust, welche meinen Sie? :-)

     

    Genau sowas wird mit reinen :Oh! Guckt mal! Asis! -Artikeln, -Videos usw. wie diesem gefördert.

     

    Damit die Doofen Schweine ja nicht auf die Idee kommen, gegen ihre Metzger vorzugehen, die zu 50-80% wegen richtiger Verbrechen eingesperrt sein müßten.

    BTW: Berlusconi ist wie lange weg? Schon geht der erste Mafiaboß ins Netz heute.

     

    Natürlich ist die Frau Panne, aber nicht mehr, als die Leute, die jetzt Morddrohungen gegen sie ausstoßen.

     

    @D. Jäckel: Wieso, alles wie immer: Das Recht ist für alle da-für alle, die es sich leisten können.

    Deshalb bekommt die Frau nicht einfach eine Anzeige und Polizeischutz, sondern wird eingebunkert.

  • W
    Webmarxist

    Rechtsextreme wollen Emma West helfen. Wer aber, rassistische Meinungen äußert ist kein/e Held/in er oder Sie gehört dafür eher bestraft.

     

    Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

  • A
    alcibiades

    @TV: Ja, Sie symphatisieren mit den Rechtsextremen, so schaut's aus. Daran ist aber nicht die Gesellschaft schuld, sondern Ihr eigener Rassismus. Es ist gesellschaftlich nicht geduldet, Menschen wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe oder ihres "Nicht-Englischseins" zu beleidigen. Dieses Verbot ist sanktioniert, und nun wird die armearme junge Mutter wegen ihres rassistischen Schandmauls eingesperrt. Das ist nicht hirnrissig, das hat was mit Zusammenleben der Menschen zu tun. Wer das hirnrissig nennt, scheint mir geistig - so wie diese Frau West - etwas überfordert.

  • E
    Eisvogel

    Wie offen kann eine Gesellschaft werden, wenn sie ihre "Offenheit" durch Äusserungstabus erzwingt, die notfalls mit Knast und Kindesentzug durchgesetzt werden? Auseinandersetzung mit der Dame: ja gerne, aber gerade das Wegsperren unterbindet das doch. Mundtot machen ist Symptombehandlung.

     

    Besonders heikel: derzeit geistert quasi gleichzeitig eine Meldung durch UK, wonach eine Gruppe junger Somalis, die ein Paar mit den Worten "die weisse Nutte" verdroschen haben, nach Klärung des Sachverhaltes zunächst wieder auf freien Fuss kamen - wohlgemerkt mit schwerer Körperverletzung auf dem Kerbholz.

  • R
    reblek

    Na, das dieser Artikel ist ja eine schöne "OP", über das, was "Nö" schreibt, hinaus:

    "Gegen West läuft ein Vermittlungsverfahren wegen rassistisch motivierter Störung der öffentlichen Ordnung." - Prima, diese britische Justiz, sie eröffnet ein Ver- und kein Ermittlungsverfahren.

    "Scheinbar gab es auch Anfragen an das Personal des Gefängnisses..." - Wenn es die nur "scheinbar" gab, bedeutet das: "Es sieht nur so aus, als ob..." Aber wahrscheinlich ist "anscheinend" gemeint: "Es sieht ganz so aus, als ob..." Aber wen interessiert dieser feine Unterschied schon?

  • SJ
    Stefan Jahn

    @ T.V.:

    Wie um alles in der Welt kann ein halbwegs intelligenter Mensch mit Rassisten und Rechtsextremen Symphatisieren? Die Einzigen, mit denen man Solidarität üben sollte, sind die Opfer von solchen Hasstiraden!

  • DJ
    Dirk Jäckel

    Eine offenbar psychisch labile Mutter wird Weihnachten im Knast verbringen. Hätte sie jemanden zusammengeschlagen, wäre sie längst frei. Bin ich jetzt ein böser Rassist, wenn ich das unverhältnismäßig finde?

  • T
    T.V.

    Schönen Dank an die Medien- und Internetgesellschaft, dafür daß ich mehr mit den Rechtsextremen sympathieren muß, als mit den Richtern. Selbst wenn sie eine Stunde lang rassistische Sprüche von sich gegeben hätte, gibt das niemandem das Recht, sie etliche Tage ins Gefängnis zu sperren. Das ist doch nur noch hirnrissig.

  • N

    braucht ihr nicht zu veröffentlichen

     

    die Bildunterschrift muss heissen "...war ihr nicht bewußt,...daß sie es.... ... bringen würde"

     

    "war...hat" ist ganz schlimm