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HasskriminalitätTot, weil er schwul war

Am Dienstag beginnt in Istanbul der Prozess zum ersten dokumentierten Ehrenmord an einem Schwulen in der Türkei. Der Partner des Toten wird aus Köln anreisen.

Ahmet Yildiz auf dem Titel des Onlinemagazins "Beargi". Bild: beargi

Kurz vor Beginn des Prozesses um den Mord an seinem Geliebten in Istanbul, fordert der Kölner Ibrahim Can den mutmaßlichen Täter auf, seine Homophobie offen einzugestehen. "Ich möchte aus seinem Mund hören: Ich habe ihn getötet, weil er schwul war", sagte der 44-Jährige der sonntaz. Angeklagt ist der Vater des erschossenen Ahmet Yildiz. Er ist untergetaucht, vermutlich im Nordirak, und wird aller Voraussicht nicht vor Gericht erscheinen. Ibrahim Can will dennoch zum Prozessauftakt am Dienstag in die Türkei reisen. "Ich will dem Gericht zeigen: Hier bin ich, wo sind die Mörder?"

Sein Lebensgefährte Ahmet Yildiz wurde am 15. Juli vergangenen Jahres auf der Straße vor seiner Wohnung in Istanbul erschossen. Ein knappes Jahr zuvor hatte der Mittzwanziger sich vor seiner Familie als schwul geoutet. Daraufhin wurde er emotional erpresst, bekam Morddrohungen. Schließlich erstattete er Anzeige. "Hätte die Staatsanwaltschaft die ernst genommen, wäre Ahmet am Leben", sagte sein Lebensgefährte Ibrahim Can.

Can, der seit 1979 in Köln lebt, hat den Fall international bekannt gemacht. Er kontaktierte Schwulen- und Lesbenverbände, Medien, Amnesty International. So habe er Druck aufbauen wollen. Firat Söyle, Anwalt der Anklage, hält Repressionen und Gewalt gegen Schwule in der Türkei für eine Reaktion auf die Emanzipationsbewegung. "Ob ein Schwuler oder eine Transsexuelle Gewalt erfährt oder eine heterosexuelle Frau, die sexuelle Selbstbestimmung in Anspruch nimmt, stets geht es um die Angst des heterosexuellen Mannes vor Kontrollverlust", sagte Söyle der sonntaz.

Bild: taz

Die ganze Geschichte zum Fall Ahmet Yildiz lesen Sie in der sonntaz vom 5./6.9.2009 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk.

Als Nebenklägerin wird im Prozess die Unternehmerin und ehemalige Religionslehrerin Ümmühan Darama auftreten. Die 43-Jährige wurde von einem Querschläger in den Fuß getroffen. "Im Polizeipräsidium hat man mir gesagt: Sei froh, dass du nicht am Kopf getroffen wurdest, und misch dich da nicht ein!", sagte sie. "Aber man kann doch nicht teilnahmslos zusehen, wenn ein Mensch getötet wird." Trotz anonymen Drohungen, die sie nach ihrer Anzeige erhalten habe, will sie im Prozess ab Dienstag auch als Zeugin der Anklage auftreten.

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17 Kommentare

 / 
  • D
    Daniel

    Hass kommt von Unwissenheit und Dummheit!

    Ein grosser Stein auf dem Weg zu Freiheit, Gleicheit und Tolleranz ist Religion.

    Mit dem richtigen Glauben, kann man jeden Stein

    aus dem wege räumen!

  • T
    Thorsten

    Mit Interesse habe ich die Leser-Emails zu diesem Fall in der TAZ mit denen der BILD-Zeitung verglichen.

    In den Emails an die BILD, deren Leserschaft wir uns ja gern als dumpfen rechten Pöbel vorstellen, war als Grundtenor eine Abscheu vor der Tat als solcher sowie eine Sympathie für die schwullesbische Lebensweise zu erkennen. Das hat mich doch sehr erstaunt.

    In der TAZ dagegen wurde der Mord an einem homosexuellen Türken dagegen lediglich als Vorwand genommen, um darüber zu lamentieren, dass jetzt die Türkei, die islamischen Länder, die Muslime insgesamt nicht verurteilt werden dürften. Dass hier ein Mensch ermordet wurde, war geradezu egal. Das hätte ja überall passieren können.

    Ich muss sagen, es kotzt mich an, wie einige der sogenannten Linken über Leichen gehen. Hauptsache ihre Ideologie gerät nicht ins Wanken. Kann man nicht alle Nazis, Islamisten und Linksfaschisten auf dem Mars als Sondermüll auslagern. Dort können sie sich ja ihre eigene Welt basteln!

  • D
    dborrmann

    Nicht alle Türken sind homophob. Nicht alle Deutschen sind den Homosexuellen gegenüber freundlich. Dies mag man bedenken; auch in anderen, nicht muslimischen Ländern gibt es grausame Homophobie, man denke nur an das Attentat von Tel Aviv.

    Den Opfern der Tat in Istanbul gilt mein tiefes Mitgefühl. Die Täter werden hoffentlich zur Rechenschaft gezogen.

    Der Türkei wünsche ich, weiterhin als säkularer Staat zu existieren und nicht auf die Leimroute des klerikalen, muslimischen Staates zu gehen.

  • D
    DiversityAndEquality

    @Schwuler:

     

    Gewalt - gegen wen auch immer - hat soziale Ursachen. In einer Gesellschaft, in der in den letzten Jahren dank Hartz IV Millionen Kinder und Jungendliche in die Armut getrieben worden sind,, w junge Menschen aus sozial weniger privilegierten Verhältnissen und insbesondere aus Familien nichtdeutscher Abstammung durch ein perverses Schulsystem von vorneherein jeder gleichberechtigten Teilhabe beraubt werden, braucht man sich über Aggressionen und Gewalt nicht zu wundern. Und noch weniger darf man sie dann wiederum auf die Herkunft oder Religion der Betreffenden abwälzen. Die eine diskriminierte Gruppe gegen die andere auszuspielen ist das beste Rezept für noch mehr Gewalt und Ausgrenzung und für eine Verschärfung des Status quo.

  • AH
    Axel Hannover

    @ florian ali otoman:

    Danke für deine Geschichte, die deutlich macht, dass die einseitigen Erklärungen (Türkei = Islam = homophob und frauenfeindlich = undemokratisch = EU-untauglich) nicht alles erklären. Die Welt ist bunt. Ich möchte auch nicht aus der EU geschmissen werden, weil die Sachsen wieder NPD gewählt haben.

     

    @ taz:

    Danke für eure immer wieder ausführliche Berichte über das Leben, Lieben und die Politik in der Türkei und über die Vielfältigkeit der Lebens- und Denkensweisen von MigrantInnen hier in Deutschland.

  • I
    IBO

    Islam-Hasser und Gut-Menschen verachtende "Schlecht-Menschen" werfen wieder einmal gerne alles in einen Topf, um eine Schlussfolgerung zu ziehen, die pauschal alles verurteilt, was irgendwie muslimisch ist.

    Da wird eine Mord Anklage erhoben und eine Zeugin tritt als Nebenklägerin auf, obwohl sie bedroht wird! Und diese Schlecht-Menschen schreiben Kommentare, als ob der Mord irgendwie geduldet wäre...

    Generell ist das Vorgehen der Behörden bei Bedrohungen immer zu schwach - selten können sie etwas machen bevor etwas passiert - das wäre in der BRD und in anderen Staaten nicht anders..

    Der Fall hätte auch in Deutschland so ablaufen können - es sind auch Homosexuelle in Deutschland bzw. in der christlichen Welt ermordet worden (z.B. Russland/Polen und andere) - da war in der Motivation das Wort "Ehre" nicht aufgetaucht, aber ähnliche homophobe Motive - ohne dass man einen Beitritt/Verbleib in der EU angezweifelt hätte oder das Christentum verurteil hätte ...

     

    Generell sollte bei einer Bedrohungssituation ein stärkere Schutz angebracht sein, wenn persönliche, sexuelle Dinge eine Rolle spielen. Da sollte nicht erst etwas unternommen werde, wenn etwas passiert. Das gilt auch für alle Beziehungs und Scheidungsthemen, da sind auch in der BRD zuviele Menschen nicht rechtzeitig geschützt worden!

     

    Obwohl ich nicht glaube, daß diese Homosexualität irgendwie schützen würden, wenn es unabhängig von der Islam-Kritik zur Frage erhoben würde. Ich habe nicht den Eindruck, das die christliche Lehre Homosexualität schützt. Oft genug liest und hört man von christlicher Seite von einem Verdammen der Homosexualität.

  • I
    Ibo

    Islam-Hasser und Gut-Menschen verachtende "Schlecht-Menschen" werfen wieder einmal gerne alles in einen Topf, um eine Schlussfolgerung zu ziehen, die pauschal alles verurteilt, was irgendwie muslimisch ist.

    Da wird eine Mord Anklage erhoben und eine Zeugin tritt als Nebenklägerin auf, obwohl sie bedroht wird! Und diese Schlecht-Menschen schreiben Kommentare, als ob der Mord irgendwie geduldet wäre...

    Generell ist das Vorgehen der Behörden bei Bedrohungen immer zu schwach - selten können sie etwas machen bevor etwas passiert - das wäre in der BRD und in anderen Staaten nicht anders..

    Der Fall hätte auch in Deutschland so ablaufen können - es sind auch Homosexuelle in Deutschland bzw. in der christlichen Welt ermordet worden (z.B. Russland/Polen und andere) - da war in der Motivation das Wort "Ehre" nicht aufgetaucht, aber ähnliche homophobe Motive - ohne dass man einen Beitritt/Verbleib in der EU angezweifelt hätte oder das Christentum verurteil hätte ...

     

    Generell sollte bei einer Bedrohungssituation ein stärkere Schutz angebracht sein, wenn persönliche, sexuelle Dinge eine Rolle spielen. Da sollte nicht erst etwas unternommen werde, wenn etwas passiert. Das gilt auch für alle Beziehungs und Scheidungsthemen, da sind auch in der BRD zuviele Menschen nicht rechtzeitig geschützt worden!

     

    Obwohl ich nicht glaube, daß diese Homosexualität irgendwie schützen würden, wenn es unabhängig von der Islam-Kritik zur Frage erhoben würde. Ich habe nicht den Eindruck, das die christliche Lehre Homosexualität schützt. Oft genug liest und hört man von christlicher Seite von einem Verdammen der Homosexualität.

  • S
    Schwuler

    @DiversityAndEquality

     

    Sie haben recht, Schwulenfeindlichkeit wird in den Medien fast nie behandelt. Nach meiner Erfahrung sind aber muslimische Männer besonders homophob. Physische Gewalt gegen Schwule geht SEHR häufig von jungen Migranten aus... und versuchen Sie mal, sich als muslimischer Schwuler in Deutschland zu outen...

  • D
    DiversityAndEquality

    Hoffentlich lesen wir bei der taz auch endlich mal solche großen Schlagzeilen, wenn es um die Realitäten in unserem eigenen Lande geht.

     

    Denn da werden auch immer wieder Jungs und Männer fast oder ganz zu Tode geprügelt, weil sie schwul sind, Tag für Tag werden junge, homosexuell empfindende Menschen einem unerträglichen Maß an psychischer und teilweise physischer Gewalt ausgesetzt, werden von ihrer Schule gemobbt, an jeder Ecke als "Schwuchtel", "schwule Sau" etc. beleidigt, ihre Sexualität wird in der Sexualaufklärung, in der Schule, in den Massenmedien, im öffentlichen Raum in KEINER Weise auch nur ansatzweise gleichberechtigt behandelt, und demzufolge sind sie dann auch einem viermal höheren Selbstmordrisiko ausgesetzt als ihre heterosexuellen Altersgenossen.

     

    Schon komisch, dass diese erschreckenden gesellschaftlichen Zustände einer mittelalterlich konstruierten und allen Menschen aggressiv aufoktroyierten sexuellen Zwangseinfalt nicht wichtig genug für Schlagzeilen auf der Titelseite sind. Aber vielleicht liegt das ja neben den üblichen Berührungsängsten mit diesem zentralen Menschenrechtsthema auch daran, dass sich all das vor unseren Augen bzw. in unserer unmittelbaren deutschen Wirklichkeit abspielt und nicht in irgendeinem fernen Land, das noch dazu (ganz schlimm!) islamisch ist.

  • M
    Masouki

    Es ist sehr mutig von Herrn Can und Frau Darama, dass sie diesen Fall öffentlich machen und als Nebenklägerin auftreten! Ihnen gebührt mein voller Respekt, da sie sich gegen Homophobie und die stillschweigende Akzeptanz von Seiten der Justiz einsetzen - obwohl ihnen bewusst ist, dass sie sich damit in erster Linie Feinde machen. Chapeau!

    Ich hoffe, dass die taz weiter über diesen Fall berichtet.

  • AD
    Axel Dörken

    Danke, für so viel Zivilcourage!

     

    Wünsche mir in der BRD mehr solch mutiger Menschen! Für meinen Geschmack sind hier zu viel Ja-Sager und HAUPTSACHE-ICH-kann-meinen-Lebensstandard-halten-Menschen.

     

    Doch faktisch gibt es kein "zu viel". Genau so wenig, wie es ein "zu wenig" gibt. Die Stunde der Couragierten schlägt immer und immer mehr Couragierte hören sie und leben entsprechend.

     

    Namesté!

     

    Liebe Grüße

    Axel Dörken

  • MM
    Mustapha Mond

    Dieser Vorfall zeigt, warum die Türkei noch nicht reif für einen EU-Beitritt ist.

  • N
    n.n.

    kurde...liebe taz-redaktion...der kurde ist in nordirak untergetaucht. ihr legt doch sonst so viel wert auf die unterscheidung, also ich bitte darum.

  • FA
    florian ali otoman

    ich bin auch ein schwuler türke, und habe das großartige glück eine familie zu haben die mich so akzeptiert respektiert wie ich bin.

     

    mein vater ist nun 70 und am frühstückstisch sagte er damals: "egal was für eine religion, hautfarbe oder geschlecht dein partner hat - wichtig ist das ihr euch liebt."

     

    ich wünschte viele andere türken wären so wie er. das traurige ist das es unter den jungen türken eine agressive homophobie ganz normal ist. ich will nicht wissen wie viele von denen selber schwul sind und sich durch ihre agressive haltung nur tarnen. es macht mich auch traurig das es nicht gelungen ist diesen jungen leuten den sinn von toleranz und demokratie nahe zu bringen.

     

    aber homophobie ist auch kein einwanderer aus "machokulturen" problem - auch die rechte hetze gegen schwule und auch die äußerungen von religösen fanatikern macht mir angst.

     

    für schwule rechte zu kämpfen bedeutet für freiheit zu kämpfen. für eine freie, tolerante und friedliche gesellschaft!

     

    in dem sinne - think bunt! :)

  • U
    Unbequemer

    Das ist nur eine Facette der Ideologie Islam. Leute, die sich in Deutschland für die Verbreitung dieser Ideologie einsetzen, die hier nicht auf die bedingungslose Gültigkeit unser gegenwärtigen kulturellen Errungenschaften und Gesetzte bestehen, sind Wegbereiter für mittelalterliche Sichtweisen und bereiten den Weg für Tolche Taten.

     

    Da hilf auch dann die ganze falsche Toleranz nichts. Es war und ist ein gravierender Fehler auf die deutsche Leitkultur zu verzichten. Denn indem die LinksGrünen bei diesem Thema eine prinzipille, oder geistige Blockade haben, kommt eine nicht ausgesprochene Leitkultur zustande: Wir Deutschen verzichten unsere errungenen Werte zu behalten - wir lassen andere über die Entwicklung der geltenden Werte entscheiden. In dieses Vakuum, das so geschaffen wurde, stoßen andere Kulturen um so lieber. Heraus kommt dabei aber sicher was anderes, als was LinksGrün gut findet.

  • F
    Frauke

    In Islamischen Kernländern wie Iran, Afghanistan, Saudi Arabien etc. ist es üblich Schwule zu verfolgen und zu töten. Das Sollte man als Schwuler wissen und sich von moslimischen Ländern und Menschen zurückhalten und sich davor hüten deren Gefühle zu verletzen.

  • A
    Arminius

    So langsam müßte auch der letzte Gutmensch merken, daß man nicht gleichzeitig für die Förderung der Homosexualität und die Ausbreitung des Islams eintreten kann.

    Homosexualität ist mit dem Koran nicht vereinbar. In der Islamische Republik Iran werden Schwule folglich an Baukränen aufgehängt, ganz offiziell.