Hartz-IV-Empfänger im Freiwilligendienst: 175 Euro Taschengeld
Hartz-IV-Empfänger können mit freiwilliger Arbeit als "Bufdi" seit Januar bis zu 175 Euro dazu verdienen. Das lohnt sich. Doch die Nische ist klein.
BERLIN taz | Susanne W. (Name geändert) hat die Sache selbst in die Hand genommen. Mit einer Art Bewerbung marschierte die 58-jährige langzeitarbeitslose Sozialarbeiterin zur Caritas in Berlin und sprach auch bei einem privaten Seniorenheim vor, um sich als "Bundesfreiwillige" (Bufdi) zu melden. Der Sozialdienst ist für die Bezieher von Arbeitslosengeld II seit Januar attraktiver geworden: Sie dürfen vom Bufdi-Taschengeld künftig 175 Euro zusätzlich zu ihren Hartz-IV-Bezügen behalten.
Die Caritas versprach, die Bewerbung zu prüfen. Und der Betreiber des Seniorenheims erwägt, sich als "Einsatzstelle" für Bundesfreiwillige registrieren zu lassen, um Susanne W. in der Altenhilfe einsetzen zu können. "Ich habe mich schnell gekümmert", sagt sie, "es ist meine Chance, weil es ja kaum noch 1-Euro-Jobs gibt."
Der Bundesfreiwilligendienst bietet etwa über die Wohlfahrtsverbände Plätze vor allem in Seniorenheimen, Krankenhäusern und Kitas an. Dass sich Hartz-IV-Empfänger durch einen Bufdi-Platz neuerdings 175 Euro anrechnungsfrei hinzuverdienen können, "begrüßen wir", sagt Michael Bergmann, Leiter der Arbeitsstelle Engagementförderung beim Deutschen Caritasverband. Allerdings seien die Bufdi-Plätze "explizit kein arbeitsmarktpolitisches Instrument".
Im Bundeshaushalt sind Mittel für 35.000 Plätze eingeplant, über 28.000 Verträge wurden schon unterschrieben. Nach einer unlängst herausgegebenen Statistik des Familienministeriums ist die übergroße Mehrzahl der aktuellen Bufdis, nämlich 80 Prozent, jünger als 27 Jahre. Die überraschend große Nachfrage ist auch bedingt durch die Doppeljahrgänge von Abiturienten, die vor dem Studium noch einen Freiwilligendienst dazwischenschieben wollen. Von den Älteren ist nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes jede(r) Zweite im Rentenalter. Die Nische für Hartz-IV-EmpfängerInnen ist also klein, zumal sich jede Einsatzstelle die BewerberInnen selbst aussuchen kann.
Eigenanteil für Verpflegung
Dabei wird schon ausgewählt, denn die Einsatzstellen müssen einen gewissen Eigenanteil für diese Ehrenamtlichen aufbringen. Vom Familienministerium gibt es für die über 27-Jährigen einen Zuschuss von monatlich 350 Euro an die Einsatzstelle plus Geld für die pädagogische Betreuung. Die "Bufdis" im Alter von über 27 Jahren erhalten ein Taschengeld, das maximal 336 Euro im Monat beträgt, aber auch sehr viel geringer sein darf.
Da die Einsatzstellen aber neben dem Taschengeld auch noch Kosten für Verpflegung und Unterkunft der Freiwilligen haben und dazu 40 Prozent an Sozialversicherungsbeiträgen drauflegen müssen, bleibt oft ein erheblicher Eigenanteil bestehen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband kommt in einer Beispielrechnung auf 697 Euro monatlichen Eigenanteil für einen über 27 Jahre alten Bufdi. Das lohnt sich nur, wenn sich die Freiwilligen auch wirklich vor Ort nützlich machen können.
Der Beschäftigungsträger Mook Wat in Hamburg, bei dem gerade sehr viele 1-Euro-Jobber abgebaut wurden, versuche gerade, sich als Einsatzstelle für Bufdis anerkennen zu lassen, berichtete Mook-Wat-Verwaltungsleiterin Martina Nolte der taz. Der Träger gehört zur Arbeiterwohlfahrt, deren Landesverband verlange allerdings von Mook Wat für die Bufdis einen "zu hohen Eigenanteil von monatlich 480 Euro für jeden Platz", erzählt Nolte. "Das Geld können wir nicht aufbringen."
Susanne W. setzt auf ihre informellen Qualifikationen in der Altenhilfe, schließlich hat sie auch schon eine alzheimerkranke Tante mitbetreut. Wenn das mit der Bufdi-Stelle nicht klappe, meint sie, "suche ich mir einen privaten Betreuungsjob bei einer alten Dame". 150 Euro mehr im Monat, zusätzlich zu Hartz IV - das macht für sie schon einen großen Unterschied.
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