: Harte Hände
■ Latin-Legende Ray Barretto in der Fabrik
„Heavy, caballero, heavy!“Vielleicht steht die Scheibe ja noch im Plattenschrank Eurer Eltern: „El Watusi“hieß Ray Barrettos einziger Millionen-Hit, der 1962 erschienen ist. Er bescherte der Welt die erste Fusion aus Soul und Latin, später „Boogaloo“genannt, und seinem Komponisten die Erfüllung des lebenslangen Traums, die kommerziell sehr engen Grenzen der lateinamerikanischen Gemeinde zu überschreiten. Das wiederum führte zu allerlei abgefahrenen Mesalliancen – etwa zum 67er Kultalbum Acid, auf dem der in New York aufgewachsene Puertoricaner geschickt Jazz, Boogaloo, afrokubanische Rhythmen und Psychedelia zusammenbrachte.
Bei den Fania All Stars, die Anfang der Siebziger die Musik des New Yorker Latinoviertels El Barrio nach Lateinamerika brachten, mischte Barretto als Perkussionist und Arrangeur mit. Der Tumbador Barretto rührte seine Congas auf Dutzenden von Jazz-, Rhythm'n'Blues- und Salsa-Platten. Einen Vertrag mit einem Major-Label ergatterte der Mann mit den harten Händen jedoch erst, als er seine skills dem Disco-Boom widmete. Barretto wurde zum „Senor Funk“, und was für Puristen seinerzeit nach Ausverkauf gerochen haben muß, hat rückblickend ein paar wunderbare slicke Discoscheiben zwischen Fistel, Fusion und Fickmusik hervorgebracht.
Daß Ray Barretto sich seit Mitte der Achtziger auf den tanzbaren Tipico-Sound beschränkt, also die als „Salsa“vermarkteten klassischen kubanischen Stile, ist gut für jene, die in der Fabrik vor allem die Hüften kreisen lassen wollen. Ansonsten ist Salsa in diesem Falle schlicht die krisensichere Rente eines Perkussionisten, der wie kaum ein anderer US-Latino den musikalischen Crossover gesucht hat.
Christoph Twickel
Do, 27. November, 20 Uhr, Fabrik
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