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Harsche Kritik an der Fraktion

■ Künast und Klotz kandidieren nicht mehr für Vorstand

Berlin. Als „Pilotprojekt“ für die Vereinigung von Bündnis 90 und Grünen wurde die gemeinsame Fraktion der beiden Parteien im Abgeordnetenhaus bei ihrer Konstituierung gefeiert. Während die Vereinigung nach schwierigen Verhandlungen mittlerweile zügig ihrer Vollendung zustrebt, ist das Pilotprojekt ins Schlingern geraten. Nach zwei Jahren des Miteinanderarbeitens und Aneinanderabarbeitens kommen die beiden Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Sibylle Klotz zu einer ernüchternden Bilanz des ost-westlichen Zusammenwachsens im Schöneberger Rathaus.

Dem Bündnis 90 hält Künast vor, in vielen Punkten keine Position zu haben und sich zu sehr um die eigene Befindlichkeit zu kümmern. Ihre Ostberliner Vorstandskollegin Klotz bemängelt eine eklatante Kluft zwischen Anspruch und Realität bei ihren Ost- Fraktionären. Die häufig im Munde geführten „Ostinteressen“ würden kaum inhaltlich gefüllt, die „vielbeschworene Ostidentität“ habe sich als leere Worthülse entpuppt. Die beiden Spitzenpolitikerinnen haben nun Konsequenzen aus ihrem Frust gezogen. Bei der turnusmäßigen Neuwahl im Januar wollen sie nicht wieder für den Vorstand kandidieren.

In der Fraktion wurde dieser Schritt eher gelassen aufgenommen. Arnold Krause vom Bündnis90 findet es „völlig normal“, daß der Vorstand wechselt. Ihn ficht auch die Ostler-Schelte nicht sonderlich an. Immerhin sei klar gewesen, daß die Abgeordneten aus dem Osten aufgrund der fehlenden Erfahrung nicht von Anfang an so professionell arbeiten konnten wie ihre Westkollegen. Gleichwohl sei die Zusammenarbeit keineswegs gescheitert, sondern weiter zu entwickeln.

Über die notwendigen Schritte auf diesem Weg sind sich die Fraktionäre weitgehend einig. Es fehlt den Grünen/ Bündnis 90 eine Stadtidee, eine Gesamtkonzeption, die sie der Politik der Großen Koalition entgegensetzen können. Die Fraktion müßte sich auch unter den seit 1990 veränderten Rahmenbedingungen als regierungsfähig erweisen. Erst dann ließe sich die, laut Umfrageergebnissen, bereits jetzt rechnerisch mögliche andere Regierungskonstellation tatsächlich umsetzen.

Bislang sind die Alternativen noch keine ernsthafte Alternative zur Großen Koalition. „Wir müssen signalisieren“, so Künasts Forderung, „daß wir mit Olympia und der Streichung von 25.000 Stellen umgehen können.“ Der Vorwurf, dieses Konzept bislang nicht entwickelt und zur Leitlinie der Fraktionsarbeit gemacht zu haben, richtet sich an die Abgeordneten aus Ost und West gleichermaßen – allerdings auch an die beiden Vorsitzenden. dr

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